Explosion am Gasverteiler: Suche nach Ursache läuft

Die gewaltige Explosion des Gasknotenpunkts in Baumgarten im Marchfeld war auch von Weitem zu sehen und zu hören.
Die gewaltige Explosion des Gasknotenpunkts in Baumgarten im Marchfeld war auch von Weitem zu sehen und zu hören.REUTERS
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Ein Todesopfer, einen Schwer- und 20 Leichtverletzte forderte eine Explosion beim Gasverteilknoten Baumgarten an der March. Die österreichische Gasversorgung soll aber vorerst gesichert sein.

Baumgarten an der March. Von einer „ohrenbetäubenden Explosion“ sprach Franz Resperger. Und von einer heftigen Druckwelle. Tatsächlich war das, was der Sprecher der niederösterreichischen Feuerwehr am Dienstagmorgen beschrieb, alles andere als ein alltäglicher Vorfall. Das, was in den ersten Meldungen, die über die Agenturen kamen, noch zaghaft als „Zwischenfall“ beschrieben wurde, stellte sich nach und nach als heftige Explosion im Gasverteilknoten Baumgarten in der Gemeinde Weiden an der March heraus.

In sozialen Netzwerken tauchten bald erste Bilder vom Vorfall im Marchfeld auf – ein deutlich erkennbares Brennen am Horizont, aufgenommen von einem Hochhaus in Wien. Die unscharfe Aufnahme einer Flamme auf einem Feld. Und bald kamen die ersten Spekulationen in Medien – von 60 Verletzten war da die Rede. „Das Feuer ist noch nicht gelöscht, aber die Situation ist unter Kontrolle“, sagte ein Sprecher der Gas Connect Austria am Vormittag zur „Presse“. Rund 60 Menschen hätten sich zum Zeitpunkt der Explosion in der Anlage aufgehalten. Noch laufe die Standeskontrolle – aber man wisse schon, dass es Verletzte gebe – „und auch Tote können wir nicht ausschließen.“

Es dauerte nicht lange, ehe gegen 10.30 Uhr die Bestätigung der Befürchtung kam – das Rote Kreuz Niederösterreich meldete ein Todesopfer. Und zunächst 18 weitere Verletzte – im Lauf des Vormittags stieg ihre Zahl auf 21, einer davon schwer. Der „Christophorus 9“-Hubschrauber hob mit dem schwer verletzten Opfer in Richtung AKH Wien ab, die weiteren Verletzten wurden ins SMZ Ost, ins UKH Meidling und ins Landesklinikum Hainburg geflogen.

Was sich im Lauf des Tages in und rund um die Anlage abspielte, verdient jedenfalls das Prädikat Großeinsatz. 22 Feuerwehren mit 240 Mann waren angerückt. Und sie brauchten mehrere Stunden, ehe gegen 15.30 Uhr endgültig Brand aus gegeben werden konnte. Zu diesem Zeitpunkt war die Anlage längst außer Betrieb gegangen – „kontrolliert heruntergefahren“, wie es bei Gas Connect hieß. Und schon bald tauchte die Frage auf, was der Brand für die Gasversorgung des Landes bedeuten könnte – und nicht nur das, immerhin ist der Gasknotenpunkt in Baumgarten die mitteleuropäische Drehscheibe. Ein erheblicher Teil des russischen Erdgases fließt über das Marchfeld nach Westeuropa.

Gas aus Speichern

Um die Mittagszeit kam dann eine vorsichtige Entwarnung. Die nationale Erdgasversorgung könne „auf absehbare Zeit abgedeckt werden“, hieß es bei Gas Connect Austria. Das vor allem deswegen, weil die Versorgungsunternehmen der Region (Energie Burgenland, EVN und Wien Energie) genügend Erdgas gebunkert hat und über eine leistungsstarke Transportleitung aus den Speichern in Oberösterreich Gas nach Ostösterreich transportiert werden kann. Bis Dienstagmitternacht will die Gas Connect den Transfer ins Ausland wieder möglich machen.

Wie lange die Anlage außer Betrieb sein wird, das ließ sich am Dienstagabend noch nicht einschätzen. „Die Untersuchungen sind im Laufen, es sind Experten vor Ort, die evaluieren, ob man Teile der Station wieder in Betrieb nehmen kann“, sagte Gas-Connect-Sprecher Armin Teichert zur „Presse“. Und das könne dauern, denn zunächst gelte es auch, die Ursache für den Vorfall herauszufinden. Denn auch die war noch lange unklar. Nur soviel: Der Ausgangspunkt der Explosion lag bei Gasfiltern, die gerade vom TÜV Austria geprüft wurden. Ob die Prüfung damit in Zusammenhang steht, war am Dienstagnachmittag noch nicht klar.

Es sei im Interesse des Unternehmens, den Unfall genau zu untersuchen. Man sei betroffen, dass es trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen dazu gekommen sei. Eine Vermutung, die auch in sozialen Netzwerken öfter zu lesen war, wurde aber gleich von mehreren Seiten dementiert. Es habe sich um keinen Anschlag gehandelt, vermeldete die Polizei – auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung sah „keinerlei Hinweise auf einen intentionalen Angriff oder eine anderweitige Tathandlung“.

Politik kondoliert

Es war jedenfalls ein Vorfall, der bis in die Spitzenpolitik für Reaktionen sorgte. So kondolierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen per Facebook den Angehörigen und Kollegen des verstorbenen Mitarbeiters. Und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) kam zu einem Lokalaugenschein ins Marchfeld. Und sprach von einer „herausfordernden und dramatischen Situation, die durch das Miteinander gut bewerkstelligt wurde“. (eko/APA)

AUF EINEN BLICK

Knoten Baumgarten. Die Anlage entstand 1959 aus der ursprünglichen Förderstation des Gasfeldes Zwerndorf. Sie ist die größte Import- und Übernahmestation für Erdgas in Österreich. Hier wird Gas aus Russland, Norwegen und anderen Ländern übernommen, gemessen, geprüft und für den Weitertransport verdichtet. Mehr als 40 Milliarden Kubikmeter Gas gingen im Vorjahr durch diesen Punkt – mit etwa acht Milliarden Kubikmetern wird nur ein kleiner Teil in Österreich selbst verbraucht. Der Großteil fließt seit der Inbetriebnahme des Knotenpunkts 1974 weiter Richtung Deutschland und Italien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2017)

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