Bootsunfall am Wörthersee: Opfer bei vollem Bewusstsein von Schraube erfasst

APA/GERT EGGENBERGER
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Im Prozess um den tödlichen Bootsunfall am Wörthersee im vergangenen Jahr ist der medizinischer Gutachter zu Wort gekommen.

Mit weiteren Zeugenvernehmungen und dem medizinischen Gutachten ist am Donnerstag am Landesgericht Klagenfurt der Prozess um den tödlichen Motorbootunfall am Wörthersee vom 2. Juni 2017 fortgesetzt worden. Dem 45-jährigen damaligen Bootslenker wirft Staatsanwalt Christian Pirker grob fahrlässige Tötung vor, er bekannte sich vor Richter Matthias Polak nicht schuldig.

Der Niederösterreicher hatte das Boot zum Unglückszeitpunkt gelenkt, bei einem abrupten Einlenkmanöver war sein Freund über Bord gegangen und in die Schiffsschraube geraten. Der Angeklagte verantwortet sich damit, dass das spätere Opfer ihm ins Lenkrad gegriffen und den Unfall dadurch verursacht hätte. Ebenfalls angeklagt ist der damalige Bootsführer, ein 33-jähriger Klagenfurter. Ihm wird fahrlässige Tötung vorgeworfen, er bekannte sich ebenfalls nicht schuldig.

Teilenthauptung als Todesursache

Der Sachverständige Wolfgang Tributsch erklärte, Todesursache bei dem 44-jährigen Unternehmer aus Niederösterreich sei eine Teilenthauptung mit Ausschleudern des Gehirns gewesen. Davor habe das Opfer noch unter Wasser einige tiefe Atemzüge gemacht, er sei also noch am Leben und handlungsfähig gewesen, als er von der Schiffsschraube getroffen worden sei. Die Zeitspanne vom Eintauchen ins Wasser bis zu dem Moment, wo er in die Schraube geraten war, betrug laut Schätzung des Gutachters 30 bis 60 Sekunden. Schifffahrts-Gutachter Hermann Steffan berechnete, wie lange die Schiffsschraube dann gebraucht hatte, um tödlich zu wirken, und kam auf eine Zeitspanne von weit unter einer Sekunde.

Einen natürlichen Tod oder innere Erkrankungen, die zu diesem führen hätten können, schloss der Gerichtsmediziner aus. Auf Fragen, wie lange es ohne den Kontakt mit der Schiffsschraube gedauert hätte, bis das Opfer ertrunken wäre, meinte der Gutachter, das hätte auf jeden Fall drei bis fünf Minuten gedauert, bei zwischenzeitlichem Auftauchen vielleicht auch zehn Minuten.

Anschließend wurde ein Zeuge gehört, der kurz nach dem Unfall mit seinem Boot zum Unglücksort gefahren war. Er habe das Boot zuerst gesehen, als es von Reifnitz gekommen sei. Wenig später habe er gesehen, wie das Boot einen "Haken" gemacht und gewackelt habe und ein Aufheulen des Motors gehört. Er sei überzeugt davon, dass beim Boot der Rückwärtsgang eingelegt war. Auf die Frage, warum er dieser Ansicht sei, meinte der Zeuge: "Sonst wäre es ja vorwärts gefahren."

Der Unternehmer, der den vier Freunden aus Niederösterreich das Boot überlassen hatte, betonte bei seiner Vernehmung, dass diese für das geliehene Boot üblicherweise gezahlt hätten. Die Rechnung für den Nachmittag im vergangenen Juni habe er aber noch nicht gestellt, er habe das Verfahren abwarten wollen, erklärte er. Der Angeklagte habe ein paar Tage davor per SMS um das Boot samt Fahrer angefragt. Das Ganze sei eine ganz normale Charterfahrt gewesen.

"Die fahren so damisch"

Knapp vor dem Unfall habe ihn ein Bekannter angerufen und gemeint, "die fahren so damisch", er solle dafür sorgen, dass das aufhöre. Er habe daraufhin den Bootsführer angerufen. Als dieser abgehoben habe, habe er nur geschrien: "Scheiße, der Mandi ist weg." Er habe auch noch gesagt, dass er die Rettung bereits alarmiert hätte, dann habe er aufgelegt. Auf die Frage von Verteidiger Alexander Todor-Kostic, ob ihm das Manöver des "Power turn" bekannt sei, meinte der Unternehmer, der selbst die nötigen Patente hat: "Natürlich, ich bin das Hunderte Male gefahren." Jener Bekannte, der den Unternehmer angerufen hatte, berichtete bei seiner Befragung von Kurven, die das Boot gezogen hätte, daraufhin habe er seinen Anruf gemacht. Er spielte die Situation aber hinunter, auf die Frage des Richters, was ihn zu dem Telefonat veranlasst hätte, meinte er: "Offenbar mein Bauchgefühl."

Der Bootsführer widersprach anschließend der Aussage seines Chefs, dass es sich um einen "ganz normalen Charter" gehandelt habe. Bei einer ergänzenden Vernehmung erklärte er: "Die Besonderheit bei dieser Charterfahrt war, dass ich den Auftrag gekriegt habe, zu machen, was die Herren wollen, und das ist bei einer normalen Charterfahrt nicht so."

Der Richter vertagte die Verhandlung auf den 16. Mai. Für diesen Tag ist auch ein Urteil geplant.

(APA)

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