Sind Tierschützer Kriminelle?

Tierschuetzer Mafiaparagraf
Tierschuetzer Mafiaparagraf(c) APA (Guenter R. Artinger)
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Kritiker reagieren auf Prozessstart am 2. März mit zahlreichen Selbstanzeigen.

Wien (red.). Ab 2. März muss das Landesgericht Wiener Neustadt klären, ob eine Gruppe rund um den Tierschützer Martin Balluch einer „kriminellen Organisation" angehört, oder ob die 13 Personen - wenn überhaupt - die ihnen zur Last gelegten Taten außerhalb einer mafiösen Struktur begangen haben. Die Anklage stößt in Teilen der Öffentlichkeit auf massive Kritik.

Demnach muss man nach Paragraf 278a Strafgesetzbuch gar keine strafbare Handlung begangen haben, sondern nur Mitglied einer entsprechenden Organisation sein, um mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft zu werden. Der Paragraf wurde ursprünglich geschaffen, um die organisierte Kriminalität zu bekämpfen.

220 zum Teil prominente Österreicher haben sich nun selbst nach dem „Mafiaparagrafen" angezeigt. Begründung: Der Tatbestand sei derart vage, dass er praktisch auf jeden Unterstützer einer ideellen Bewegung angewandt werden könne. Zu den Kritikern gehören unter anderem der Textilunternehmer Hans Palmers, Schauspieler Hubsi Kramar und der Pfarrer Heinrich Wagner.

Riesenaufwand der „Soko Pelz"

Für den Prozess selbst wird auf beiden Seiten riesiger Aufwand betrieben. Die Staatsanwaltschaft lädt 130 Zeugen. Umgekehrt wollen die beschuldigten Tierschützer dem Gericht bis zu 100 Entlastungszeugen präsentieren.

Die Causa geht auf Vorfälle zurück, die zum Teil bis ins Jahr 2000 datieren. Die Anklage wirft den Tierschützern vor, wegen des Verkaufs von Pelzmänteln in mehreren „Kleiderbauer"-Filialen Buttersäure verspritzt und so ganze Kollektionen zerstört zu haben. Auch der Mercedes des „Kleiderbauer"-Chefs soll von den Aktivisten beschädigt worden sein. Die weiteren Vorwürfe lauten: Buttersäure-Attacken auf Gasthäuser, Pefferspray-Attacken auf Mitarbeiter von Tierversuchslabors und Beschädigungen von Jägerhochständen. Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück.

Insgesamt waren in der „Soko Pelz" 35 Polizisten beschäftigt, die dreieinhalb Jahre lang Verdächtige observierten, Häuser durchsuchten oder Autos mit Peilsendern verfolgten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2010)

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