Neue Daten: Mehr als 500.000 Muslime in Österreich

(c) EPA (Achim Scheidemann)
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Die Zahl der Muslime in Österreich ist seit 2001 um fast die Hälfte gestiegen. Der Anstieg ist den Geburten und nicht der Zuwanderung zuzuschreiben. Rund 50 Prozent der heimischen Muslime haben die Staatsbürgerschaft.

WIEN. Wie viele Muslime es in Österreich gibt, wissen nicht einmal ihre offiziellen Vertreter so genau – die letzten gesicherten Zahlen stammen aus der Volkszählung von 2001, seither geisterten unterschiedlichste Zahlen durch die Öffentlichkeit – die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) ging zuletzt von 400.000 Muslimen aus.

Eine neue Publikation des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), die der „Presse“ vorliegt, liefert nun eine Zahl, die den aktuellen Status des Islam in Österreich fundiert abbildet. 515.914 Menschen muslimischen Glaubens leben demnach in Österreich (Stand 1. Jänner 2009), das entspricht 6,2 Prozent der Bevölkerung. Zum Vergleich: 2001 machten 345.906 Muslime rund 4,3 Prozent der Bevölkerung aus – das bedeutet eine Zunahme um fast die Hälfte.

Hälfte der Muslime Österreicher

Grundlage für die neuen Daten ist eine Fortschreibung der Volkszählungsergebnisse mit den Zahlen aus der Wanderungsstatistik und den Geburtenzahlen. Auf diese Weise kommt man zu annähernd gesicherten Zahlen, wenn es auch methodenbedingt einige Unschärfen gibt. So wird in der Berechnung etwa davon ausgegangen, dass Kinder mit mindestens einem muslimischen Elternteil auch Muslime sind. Gleichzeitig werden bei den Daten aus dem Meldewesen nur jene erfasst, die sich legal im Land aufhalten. Doch selbst mit diesen Fragezeichen ist die nun publizierte Zahl das Valideste, was es derzeit an Daten über Muslime in Österreich gibt.

Ein für manche überraschender Wert tritt dann zutage, wenn die Staatsangehörigkeit der Muslime beleuchtet wird. Denn laut der aktuellen Berechnung sind sie fast zur Hälfte (49 Prozent) österreichische Staatsbürger. 21,2 Prozent von Österreichs Muslimen sind türkische Staatsangehörige, 10,1 Prozent Bosnier.

Dass Österreichs Bevölkerung wächst, ist zu einem großen Teil den Muslimen zu verdanken. Ihr Zuwachs machte im Zeitraum von 2001 bis 2009 rund 53 Prozent des gesamten Bevölkerungswachstums aus. Auffällig dabei ist, dass der Anteil am Zuwachs durch Geburten deutlich höher ist als jener, der durch Zuwanderung zustande kommt.

Das liegt zum einen daran, dass es sich bei der muslimischen Bevölkerung um eine junge Gruppe handelt – ihr Durchschnittsalter liegt etwa bei 25 Jahren, im Gegensatz zum österreichischen Durchschnitt, der bei 39,9 Jahren liegt. Zum anderen steckt aber auch ein statistisches Problem dahinter – denn nach wie vor kehren viele Migranten im Alter in ihr Heimatland zurück. Und somit wird ein Teil der Sterbefälle in die Wanderungsbilanz verlagert.

Weitere Zunahme erwartet

Was bedeutet das nun für die Zukunft? Laut der ÖIF-Studie ist in den kommenden Jahren jedenfalls mit einer weiteren leichten Zunahme der muslimischen Bevölkerung zu rechnen, sowohl durch Zuwanderung (vor allem im Rahmen des Familiennachzugs), als auch durch Geburten. Allerdings, so die Expertise, sollen sich die derzeit noch deutlich höheren Geburtenzahlen mittelfristig an den Durchschnitt der Gesamtbevölkerung annähern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26. 2. 2010)

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