Tierschützer-Prozess: Gruppen "verfeindet"

Zweiter Tag im Tierschützer-Prozess
Zweiter Tag im Tierschützer-Prozess(c) REUTERS (STRINGER/AUSTRIA)
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Martin Balluch, der Erstangeklagte im Tierschützer-Prozess, streitet eine Zusammenarbeit mit den anderen Angeklagten ab. Die Kampagnen seines Vereins gegen Tierfabriken seien zu "99,9 Prozent" legal gewesen.

Am zweiten Prozesstag im Verfahren gegen 13 Tierschützer wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation ist am Donnerstag am Landesgericht Wiener Neustadt die Einvernahme des erstangeklagten Martin Balluch auf dem Programm gestanden. Balluch, der Obmann des Vereins Gegen Tierfabriken (VGT) ist, wird laut Staatsanwaltschaft eine Führungsposition in der angeklagten kriminellen Organisation zugedacht. Bei seiner Einvernahme bestritt er die Existenz einer solchen allerdings vehement.

Die in der Anklage angeführte Doppelstrategie aus legalen Aktionen und Straftaten "gibt es nicht", meinte Balluch. Kampagnen des VGT würden zu 99,9 Prozent aus legalen Aktionen bestehen, etliche seien ohne eine einzige Straftat ausgekommen. Eine Zusammenarbeit zwischen allen Angeklagten habe es auch nie gegeben, im Gegenteil: Es befänden sich unter den Beschuldigten sogar Angehörige von Gruppierungen, mit denen man praktisch verfeindet sei, erklärte er vor Einzelrichterin Sonja Arleth.

Sympathie für Animal Liberation Front

Der Animal Liberation Front (ALF) schrieb der VGT-Obmann ein "positives Image" zu. Es handle sich dabei allerdings um keine Organisation, sondern jede Person, die die Einstellungen teilt und Aktionen setzt, um Tiere zu befreien. Die vom Gericht vorgetragenen Aufzeichnungen einer Angeklagten würden dies sogar noch untermauern. Bekennerschreiben zu in Österreich verübten Straftaten, die mit ALF unterzeichnet waren, habe er nie geschrieben oder goutiert, sondern maximal an andere zur Information weitergeleitet, so der Erstangeklagte.

Nachdem das Verhandlungsklima am Vormittag unruhig und von Unmutsäußerungen seitens des Publikums und der Beteiligten begleitet war, verhielten sich am Nachmittag alle besonnener und im Schwurgerichtssaal kehrte Ruhe ein. Thema war das - laut Anklage - Ausspionieren von Pelzfarmen in Skandinavien und Legehennen-Fabriken in Österreich, das von Balluch genauso als reine Recherche- und Dokumentationstätigkeit dargestellt wurde. Im Zuge seiner Reise kam der Beschuldigte auch in Kontakt mit der finnischen Polizei und stand wegen Störung der öffentlichen Ordnung vor Gericht, wurde aber freigesprochen. Sachbeschädigungen seien von ihm nie begangen worden, betonte der VGT-Obmann.

Ein in der Verhandlung vorgelesenes Telefonat zwischen Balluch und einem anderen Angeklagten, in dem angeblich von "offenen Lagerfeuern" und "offenen Befreiungen" die Rede ist, stellte der Beschuldigte als "Witz" dar. Man habe bereits gewusst, dass man abgehört werde und sich darüber lustig gemacht - sie hätten damals nicht gedacht, deswegen vor Gericht zu landen. "Offen" heiße außerdem, dass man etwas im Beisein der Medien mache. Niemand wäre aber so verrückt, etwas anzuzünden, während Journalisten dabei sind und es dokumentieren, untermauerte er.

Fortsetzung am Freitag

Vorgeworfen wird Balluch auch das zur Verfügung Stellen von Materialien für die kriminelle Organisation. Der angedachte "Handypool" mit etwa 200 Geräten, die auf keine konkreten Personen angemeldet seien und dadurch getauscht und nicht gut rückverfolgt werden könnten, stieß bei der Richterin auf Unverständnis: "Sie gehen davon aus, dass der Staat Aktivisten bei legalen Kampagnen überwachen lässt", fragte sie und erntete dafür Gelächter unter den Zuschauern. Balluch meinte daraufhin, er sei bereits seit 1998 überwacht worden. Die Einvernahme des VGT-Obmanns wird morgen, Freitag, fortgesetzt.


Balluch ist wie zwölf andere Aktivisten wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation nach Paragraf 278a Strafgesetzbuch angeklagt. Sieben davon werden auch andere strafrechtliche Handlungen wie Nötigung oder Sachbeschädigung vorgeworfen.

(APA/Red.)

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