Tierschützer-Prozess: Wie weit geht ziviler Ungehorsam?

Tag fünf im Tierschützer-Prozess
Tag fünf im Tierschützer-Prozess(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Der Staatsanwalt sprach von "Bekennerschreiben", der Haupangeklagte nannte sie Info-Mails. Erörtert wurden der Begriff der "konfrontativen Kampagne" und die Bedeutung des zivilen Ungehorsams.

Im Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess müssen sich 13 Aktivisten wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation verantworten, sieben davon auch wegen weiterer Delikte. Nach dem Auftakt am 2. März wurde am Mittwoch der Erstangeklagte, VGT-Obmann Martin Balluch (Verein gegen Tierfabriken), den bereits vierten Tag befragt. Die Einvernahme wird morgen, Donnerstag, fortgesetzt.

Einen eingangs von den Verteidigern gestellten Antrag, den Angeklagten während der Verhandlung Laptops zu gestatten, lehnte Einzelrichterin Sonja Arleth mit Hinweis auf die Strafprozessordnung ab. In der Folge standen wiederum Zitate aus der - nicht verschlüsselten - Internet-Diskussionsplattform Fadinger-Forum im Fokus.

Zu "Anleitungen" im Zusammenhang mit Jagdsabotagen und Verhalten gegenüber der Polizei meinte Balluch, als Vereinsobmann habe er die Funktion eines Rechtsvertreters wahrgenommen. "Bekennerschreiben", wie sie der Staatsanwalt nannte, bezeichnete er als Info-Mails, ein anderes Schreiben als Skizze für einen Vortrag an der Uni Wien. Die Ermittlungen hätten sich offenbar auf das Lesen von E-Mails beschränkt - "Fakten gibt es einfach nicht".

Auf die Frage des Staatsanwalts, was SHAC sei, meinte der 45-Jährige, es sei der Name für eine Kampagne, die sich in 100 Ländern der Welt "an sich völlig legal" gegen Tierversuchsanstalten wende. Dass er die englische Tierrechtsszene der 1990er Jahre kannte, stritt er nicht ab. Aber ein "Freund" sei der britische, später inhaftierte ALF-Gründer (Animal Liberation Front) nicht gewesen.

Versuch an Graugänsen

Es sei sein ethisches Ideal, dass niemand mehr Tiere für Tierversuche züchtet oder tötet. Eine VGT-Aktion beim Konrad-Lorenz-Institut in Grünau (Oberösterreich) bezeichnete Balluch als friedliche, gewaltfreie Besetzung, weil damals ein "absurder" Versuch an Graugänsen geplant war. Die folgende Anklage wegen Hausfriedensbruchs habe mit Freispruch geendet.

Auch Verwaltungsübertretungen

Erörtert wurden der Begriff der "konfrontativen Kampagne" und die Bedeutung des zivilen Ungehorsams. Balluch räumte ein, dass darunter auch Verwaltungsübertretungen und allenfalls auch strafrechtlich relevante Taten - minimalen Ausmaßes - fallen können. Die Richterin befragte den Beschuldigten auch zur Formulierung einer Einladung zu "Trainingslagern", wonach man unter sich bleiben wolle, um "radikale Gedankengänge gefahrlos" zu diskutieren. Im Verfahren gehe es nur um radikale Gedankengänge, die nach seiner Auffassung in einer Demokratie erlaubt sein sollten, entgegnete Balluch.

(APA)

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