Zahl der gemeldeten Missbrauchsfälle nimmt zu

(c) Clemens Fabry
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Neue Fälle in Niederösterreich: Eine Handballtrainerin soll ein Verhältnis mit einem 13-Jährigem haben, ein 62-Jähriger missbraucht zwei Buben und sexuelle Gewalt bei einem Jugendlager der Feuerwehr.

WIEN/WIENER NEUSTADT. Durch das Bekanntwerden zahlreicher Fälle im kirchlichen Umfeld nehmen jetzt auch die Meldungen über Vorfälle im privaten Umfeld zu. Das berichtet Hedwig Wölfl, fachliche Leiterin der „Möwe“-Kinderschutzzentren. „Es gibt seither mehr Anrufe bei uns“, erklärt Wölfl. Und: „Wir merken besonders stark, dass sich Institutionen der Jugendarbeit für unsere Präventionsvorträge interessieren“, berichtet Wölfl der „Presse“. Auch vonseiten der Kirche steigt das Interesse: „Erst vor Kurzem gab es eine Anfrage, vor Ministranten einen Vortrag zu halten“, sagt Wölfl.


Bei der Polizei lässt sich dieser Trend – zumindest offiziell – nicht bestätigen. Zahlen, die belegen, dass es in den vergangenen Wochen mehr Meldungen von Missbrauchsfällen gegeben hat, liegen keine vor. Dennoch meint ein Ermittler zur „Presse“: „Subjektiv gesehen habe ich den Eindruck, dass wir mehr Fälle haben.“ Unterdessen erschüttern in Niederösterreich zwei neue Verdachtsfälle von Unzucht und Missbrauch die Öffentlichkeit. In den zwei jetzt bekannt gewordenen Fällen sind keine Geistlichen involviert. Sie haben sich in Wiener Neustadt zugetragen. 

Trainerin suspendiert


Eine 40-jährige – mittlerweile entlassene – Trainerin einer Handballmannschaft in Wiener Neustadt soll ein Verhältnis mit einem 13-Jährigen haben. Die Frau lernte den Buben beim Training kennen. Der Vater des Schülers – er lebt getrennt von der Mutter seines Sohnes – erfuhr von der Situation und erstattete Anzeige wegen des Verdachts der Unzucht mit Unmündigen. Auch das Jugendamt wurde informiert. Daraufhin suspendierte der Handballverein die Trainerin und schloss sie aus dem Sportverein aus.
Mittlerweile wurde aber auch bekannt, dass der 13-Jährige und die 40-jährige Trainerin zusammen wohnen – im Haus der Mutter des Buben. Das Strafverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen. „Das Jugendamt hat die Mutter des Buben auf alle Konsequenzen hingewiesen, die in einem Gerichtsverfahren auf sie zukommen könnten“, berichtet ein Sprecher der Stadtgemeinde.
Ebenfalls in Wiener Neustadt steht ein 62-jähriger Mann im Verdacht des Kindesmissbrauchs. Bei den Opfern soll es sich laut Sicherheitsdirektion NÖ um zwei Buben aus seiner Nachbarschaft handeln. Der Verdächtige befindet sich seit einer Woche in Untersuchungshaft. Einem Ermittler zufolge soll der Mann die beiden Buben seit fast einem Jahr missbraucht haben. Details zu den Fällen wollte die Polizei nicht bekannt geben.

Missbrauch bei Feuerwehr


In einem anderen Fall, der sich ebenfalls in Niederösterreich zugetragen hat, gibt es nun Anklagen. In einem Jugendlager der Feuerwehr im Waldviertel ist Mitte Juli 2009 ein 13-jähriger Jungfeuerwehrmann sexuell missbraucht worden. Zwei Leiter und drei Mitglieder der Feuerwehrjugend eines Ortes im Bezirk Lilienfeld sollen daran beteiligt gewesen sein. Die fünf Beschuldigten werden jetzt angeklagt. Als Hauptverdächtiger gilt der 22-jährige Leiter der Jugendgruppe. Er soll die zweite Aufsichtsperson sowie die drei mitangeklagten Jugendlichen (15 und 16 Jahre) dazu angestiftet haben, den Buben sexuell zu missbrauchen. Die Angeklagten sollen ihm den Mund zugeklebt, ihn mit dem Kopf voran in einen Schlafsack gesteckt und diesen fest zugebunden haben, so die Anklage. Die Misshandlungen flogen auf, weil die beteiligten Burschen im Ort damit geprahlt hatten. Das 13-jährige Opfer erhielt psychologische Hilfe.
Nun wurde auch bekannt, dass die Ermittlungen wegen des Verdachts sexueller Übergriffe unter Schülern des Militärgymnasiums Wiener Neustadt abgeschlossen sind. Bei den Erhebungen habe sich der Verdacht nicht bestätigt. Ein Schüler war verdächtigt worden, Kollegen bedrängt zu haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2010)

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