Unfälle: Radfahrer besser als ihr Ruf

Unfaelle Radfahrer besser
Unfaelle Radfahrer besser(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Trotz ihrer steigenden Zahl werden die Verkehrsopfer unter den Radfahrern weniger. Damit bestätigen sich Beobachtungen, die im Ausland längst bekannt sind.

Wien. Radfahrer überqueren auch bei Rot Kreuzungen, benützen gerne den Gehsteig und nehmen Verkehrszeichen nur beiläufig wahr. So, oder so ähnlich lauten die gängigsten Vorurteile gegen Stadtbiker. Manchmal stimmen sie, meistens nicht. Faktum jedenfalls ist, dass sich der nachweislich steigende Radverkehr in Österreich positiv auf die Verkehrssicherheit auswirkt. Und das insbesondere in Wien.

Wiener Radfahrer waren im Vorjahr 573-mal in Unfälle verwickelt. Ein Rückgang von 6,9Prozent. Die Zahl der Verletzten ging um 5,9Prozent auf 552 zurück. Ein Radfahrer wurde getötet (2008: drei). Im Gegenzug stieg die Radnutzung der Wiener Bevölkerung um 5,8Prozent auf durchschnittlich 165 Kilometer pro Kopf und Jahr. Auch die meisten Zählstellen registrierten im Vorjahr einen Zuwachs in dieser Dimension. Am Radweg vor der Oper (Ringstraße) waren werktags im Schnitt 2924 Radfahrer unterwegs.

Zwar hinken die Wiener in Kilometerleistung und Gesamtradverkehrsanteil nach wie vor allen anderen Bundesländern hinterher, andererseits ist das auch damit zu erklären, dass wegen der kurzen Distanzen im städtischen Gebiet ohnehin viele Wege zu Fuß oder in Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden.

Baut Wien die „falschen“ Radwege?

Die Stadt Wien führt den Sicherheitsgewinn unter anderem auf die Ausdehnung von Tempo-30-Zonen und die „vorausschauende und zielgenaue Verkehrssicherheitspolitik“ (Stadtrat Rudolf Schicker) zurück. Tatsächlich dürfte der Grund für den Rückgang der Opferzahlen aber ein anderer sein.

Seit Jahren schon beobachten Experten in Ländern, in denen der Radverkehr besonders stark ausgeprägt ist, das Phänomen, dass mit dem steigenden Radanteil am Gesamtverkehrsaufkommen das Unfallrisiko für den Einzelnen deutlich sank. Im dänischen Kopenhagen etwa stieg die Pro-Kopf-Laufleistung in Kilometern seit 1995 um 44 Prozent. Die Zahl der verunglückten Radfahrer hingegen fiel um 60Prozent, das Unfallrisiko je Kilometer nahm gar um 72Prozent ab. Die Wissenschaft nennt die der Beobachtung zugrunde liegende Theorie „safety in numbers“.

Trotz der insgesamt positiven Entwicklung hat Wien bei der Sicherung des Radverkehrs noch deutliches Potenzial nach oben. In der Hauptstadt nämlich, sagt Michael Meschik vom Institut für Verkehrswesen (Boku), habe man in den vergangenen Jahren schlichtweg die „falschen“ Radwege gebaut. Gemeint sind jene, die hinter parkenden Autos oder dichten Alleebäumen vor Auto- und Motorradfahrern versteckt werden. Heute weiß man, dass dort, wo solche Radwege die Fahrbahn kreuzen, die größten Gefahren für Kollisionen lauern.

Statistik Austria

Eine sichere und gleichzeitig kostengünstige Alternative sind sogenannte Mehrzweckstreifen, wie sie Interessensvertretungen wie etwa die IG Fahrrad seit Jahren fordern. Radfahrer, sagt Alec Hager von der IG Fahrrad, seien so besser sichtbar. Ein weiterer Vorteil ist, dass sie deutlich billiger zu realisieren sind als baulich getrennte Radwege. Warum es sie in Wien trotzdem noch gibt, hat einen Grund: Die Umsetzung kostet meistens Parkplätze. Autofahrer bringt das in Rage, Politiker verlieren den Mut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2010)

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