Mit einer App auf den Semmering

Die Bahn und die Viadukte: Die Semmeringbahn ist die erste, die in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen wurde
Die Bahn und die Viadukte: Die Semmeringbahn ist die erste, die in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen wurdeClemens Fabry
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Die Semmeringbahn erhält einen eigenen Audioguide mit Kurzgeschichten rund um die historische Strecke. Eine kleine Testfahrt.

Sie ist die große alte Dame der Zugstrecken, die eleganteste vielleicht. Als die Semmeringstrecke vor ziemlich genau 165 Jahren, am 17. Juli 1854, für den allgemeinen Personenverkehr freigegeben wurde, galt sie schon als Sensation, als großmeisterliche Ingenieursleistung. Bereits einen Monat zuvor weihten das Kaiserpaar Franz Joseph und Elisabeth mit dem Ingenieur, Carl von Ghega, die Semmeringbahn mit einer Jungfernfahrt ein.

Seither hat die Strecke viele Geschichten gesammelt, galt Semmering doch zeitweise als höchstgelegener Bahnhof der Welt, die Strecke die erste Hochgebirgsbahn überhaupt. Ein Weg voller Geschichten also – Baubeginn war das Revolutionsjahr 1848! –, und einige dieser Geschichten kann man nun während der Fahrt lauschen. Am Handy mit einer App oder auf dem Onboard-Portal des Railjets, mit Kopfhörer natürlich.

Und die Geschichten beginnen schon bald nach Verlassen des Wiener Betondschungels. Am Bahnhof Wiener Neustadt meldet sich der Hörtext mit einem Willkommensgruß und kündigt die Begleitung an. Die Zuggäste nicht, aber der Lokführer kann schon bald in dieser Gegend den Semmering sehen, während sich das Panorama für den interessierten Beobachter auf die Schotterebene beschränkt. Das ändert sich überraschend rasch – jemand, der die Strecke zum ersten Mal fährt, oder erstmals wirklich bewusst, dem fällt das sofort auf.

Die Semmeringbahn im 19. Jahrhundert
Die Semmeringbahn im 19. Jahrhundert APA

„Was Sie über den Semmering nie oder nur vage gewusst haben“, sagt die sachlich, leicht fröhlich erzählende Stimme. Mit 140 km/h düst die Bahn Richtung Gloggnitz, bis nach Mürzzuschlag erzählt sie von den technischen Finessen der Bahn, den Tunneln, den Viadukten, den Menschen, die die Strecke geprägt, gestaltet haben oder doch irgendwie zufällig hier gelandet sind. Werkskanäle, die noch zur Stromerzeugung dienen. Von Güterschuppen, die über 100 Jahre alt sind. Von Bahnwärtern, die mit ihren Familien in den kleinen Häuschen gelebt haben, ohne Strom und fließendem Wasser. Davon, wie die Tunnel geheizt wurden, damit die Gleise nicht vereisten.

Ski und Quellwasser

Die Entwicklung der App hat insgesamt 1,5 Jahre gedauert, sagt Roland Tusch von der Universität für Bodenkultur Wien (Institut für Landschaftsarchitektur), der zur Semmeringbahn geforscht und an der Entwicklung des Programms federführend beteiligt war. Mit den Programmierern wurden für jede Semmeringstrecke – Hin- und Retourfahrt – jeweils 25 Files/Hörtexte konzipiert, die per GPS an der richtigen Stelle abgespielt werden. Die Hörtexte sind nicht nur im Railjet abrufbar (Onboard-Portal des Railjets), sondern auch in Zügen anderer Anbieter über die App. Einmal geöffnet, spielt sie die einzelnen Geschichten an der richtigen Stelle automatisch ab – im Idealfall, bei der Einführung der App wollen nicht alle Handys partout mitspielen. Die Files können jedoch jederzeit nachgehört werden.

Architekt Clemens Holzmeister hat in Gloggnitz die Kirche geplant, erfährt man auf der Rückfahrt Richtung Wien. Man fährt auch an der ersten Wiener Hochquellwasserleitung entlang. 20 Heller kostete die Mitnahme von Schiern, die ab der Wintersaison 1904/05 erlaubt waren. Die Semmeringstrecke war die erste Bahn, die in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Es sind durchaus viele Informationen, die da während der Fahrt auf einen einprasseln. Aber, wie es im Hörtext auch heißt: „Beobachtung braucht Wiederholung“. Die Texte kann man sich schließlich immer wieder anhören. Es soll ja Leute geben, die diese Strecke öfters und gerne fahren.

(duö)

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