Festwochen: Naschmarkt – ein Markt ohne Markt?

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Wie zwei Niederländerinnen die allzu brave Wiener Institution beleben wollen: Im Rahmen des „Into the city“-Programms der Wiener Festwochen bespielen sie den Naschmarkt mit ihrer „Market Academy“.

Wien (uw). Kaffeetrinken, neue Lokale testen, allenfalls guten Fisch für Gäste besorgen. Aber einfach einkaufen? Das macht der Wiener am Naschmarkt kaum. Daran wird der Start der Großsanierung mit September nichts ändern und insofern überrascht es auch nicht, dass in deren Vorfeld zwar viel über Baustellenlogistik diskutiert wurde, aber selten über Ideen für den „Markt am Markt“.

Dafür müssen offenbar zwei Niederländerinnen kommen. Im Rahmen des „Into the city“-Programms der Wiener Festwochen bespielen Henriette Waal und Lucia Babina den Naschmarkt mit ihrer „Market Academy“. Mit „Talks“ und der mobilen Küche „Knödel-Fakultät“ wollen sie Standler, Künstler und Gäste zusammenbringen(www.marketacademy.tumblr.com). Gleichzeitig aber suchen die Raumdesignerin und die Künstlerin, die in Amsterdam ein Communityprojekt entwickelt haben, nach Strategien für die „Rettung“ des echten Naschmarkts. Dessen Probleme? Sind rasch aufgezählt: Während die Gastronomie wächst und floriert, leiden die Standler unter Touristen, die lieber schauen als kaufen sowie unter den eigenen Fehlern: zu ähnliche (und oft recht teure) Produkte (etwa die Unzahl getrockneter Früchte) und – schon mal am Naschmarkt gefeilscht? – dem Fehlen des „Markterlebnisses“, meint Babina: „Es ist eher ein Open-Air-Supermarkt.“

Lösungen, sagt Waal, müssten gemeinsam mit den Standlern entwickelt werden. Anregungen für mehr Lebendigkeit hat sie aber parat. Etwa einen ständigen Treffpunkt am Areal, wo die Kunden nach Vorbild der australischen Hostels in einer überdachten Freiluftküche ihren Einkauf gleich zubereiten können, am besten in Workshops unter Anleitung der Marktleute. Auch die Zusammenarbeit mit Designern (die belebten im Vorjahr bei der Vienna Design Week den Vorgartenmarkt) könne helfen. Oft gehe es nur um kleine Verbesserungen bei der Präsentation der Ware: „Die Standler haben so wenig Zeit und so etwas nicht im Blick.“

Waal und Babina, die ihre Arbeit gern für die Stadt umsetzen würden („Die Umbauphase eignet sich zum Experimentieren“), haben aber auch sehr klassische Tipps wie eine bessere Kennzeichnung des Markt-Entrees. Und: „Warum gibt es, wenn der Markt für den Tourismus wichtig ist, kein Naschmarktsouvenir?“ Gute Frage. Eigentlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.