Urteil: Arigona Zogaj muss Österreich nun verlassen

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APARSC13 - 11102007 - UNGENACH - OESTERREICH: ZU APA TEXT CI - Die bis gestern untergetauchte Arigona(c) APA (Werner Dedl)
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Das Höchstgericht entscheidet, dass die Kosovarin abzuschieben ist. Innenministerin Maria Fekter macht nun Druck. Ein Rechtsexperte sieht keine Alternative: "Das letzte Wort ist gesprochen."

Wien. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) ließ nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) keine Zweifel aufkommen: „Arigona Zogaj muss Österreich verlassen. Wer nicht selbstständig ausreist, wird von der Fremdenpolizei abgeschoben.“ Die obersten Verfassungshüter hätten bestätigt, dass Asylgericht und Bundesasylamt korrekt gearbeitet haben, so Fekter. Aber nicht nur die politische, auch die rechtliche Sicht fällt nach dem am Montag veröffentlichten VfGH-Erkenntnis klar aus. „Da ist nichts mehr zu machen, das letzte Wort ist gesprochen“, analysiert Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk im Gespräch mit der „Presse“ die Situation der Familie Zogaj.

Die Höchstrichter urteilten, dass die Kosovarin Arigona Zogaj, ihre Mutter und ihre Geschwister auszuweisen sind. Das dementsprechende Urteil des Asylgerichtshofs sei korrekt gewesen. Aufgabe des VfGH war es zu prüfen, ob die Zogajs durch die Ausweisungsentscheidung in verfassungsrechtlichen Rechten – insbesondere dem Recht auf Privat- und Familienleben – verletzt wurden. Dem sei aber nicht so, meinten die Höchstrichter. Zwar sei es unbestritten, dass Arigona Zogaj in hohem Ausmaß in Österreich integriert ist. Doch das sei nur deswegen so, weil sich die Familie rechtskräftigen Entscheidungen jahrelang widersetzt habe.

Bereits im Jahr 2004 hätte Arigona Zogaj bei gesetzmäßigem Verhalten das Land verlassen müssen, meinten die Höchstrichter. Damals lag zum ersten Mal eine rechtskräftige Ausweisung vor. Immer wieder versuchten es die Zogajs mit allen Möglichkeiten, doch noch ein Aufenthaltsrecht zu erreichen. Die Aussichten dafür galten aber von Anfang an als schlecht, weil der Kosovo zum Zeitpunkt der Einreise der Zogajs nach Österreich bereits als sicherer Staat galt.

Zogaj missachtete Fremdenrecht

Überhaupt spielte die Tatsache, dass Familie Zogaj Entscheidungen des Rechtsstaats ignoriert hatte, die zentrale Rolle bei den Erwägungen des VfGH: Artikel acht der Menschenrechtskonvention (Achtung des Privatlebens) solle nicht jene schützen, die fremdenrechtliche Vorschriften missachten. „Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen“, mahnten die Richter in ihrer Entscheidung.

Während FPÖ und BZÖ am Montag eine sofortige Abschiebung der Zogajs forderten, plädierte Grünen-Chefin Eva Glawischnig für ein humanitäres Bleiberecht für die Familie. Doch so einfach sei die Sache nicht, erklärt Rechtsexperte Funk: „Zwar könnte das Innenministerium auf eine Durchsetzung der Ausweisung verzichten“, sagt Funk. Schließlich habe niemand ein Recht auf eine Ausweisung. Allerdings müsste sich inhaltlich etwas ändern, bevor man den Zogajs einen humanitären Aufenthalt erteilen könnte, so Funk. Auch für einen humanitären Aufenthalt müsse es nämlich sachliche Gründe geben. Wenn das Innenministerium, das bisher die Abschiebung betrieben hat, nun plötzlich einen humanitären Aufenthalt vergeben würde, „dann wäre irgendetwas an der Sache willkürlich gewesen“, so Funk. Und willkürliches Handeln ist rechtlich untersagt. Die Abschiebung der Zogajs scheint somit fix, gegen das VfGH-Urteil steht kein Rechtsmittel offen.

Fischer: Urteil zu akzeptieren

Bundespräsident Heinz Fischer erklärte am Montag, Erkenntnisse des VfGH seien zu respektieren. Das gelte für alle. Im letzten Jahr hatte Fischer sich noch für einen Verbleib Arigona Zogajs in Österreich starkgemacht. Ähnliche Worte kamen von SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim: „Auf Tatsache dieser Entscheidung hat leider eine Ausreise Arigona Zogajs zu erfolgen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2010)

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