Zell am See: Die Lust der Araber auf Regen

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Zell Lust Araber Regen(c) AP (Danny Vowell)
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Regen und kühle Temperaturen: Was für die heimischen Touristiker im Sommer normalerweise eine Katastrophe ist, gilt im Salzburger Pinzgau zumindest für einen Teil der Gäste als Hochgenuss.

Arabische Touristen kommen gerade deswegen nach Zell am See oder Kaprun, weil sie Abwechslung zum ständigen Sonnenschein und der Hitze in ihrer Heimat suchen.

Ein Regentag ist für Araber wie ein Geschenk. Der Region Zell am See gelingt es seit einigen Jahren immer besser, die Gästeschicht aus den fernen Wüstenstaaten anzusprechen. Rund 80.000 Nächtigungen zählte die Region im vergangenen Jahr. Doch in diesem Sommer werden es etwas weniger sein. Nicht, weil heuer so häufig die Sonne scheint, sondern weil der Fastenmonat Ramadan, der vor Kurzem begonnen hat, so ungünstig fällt. Die arabischen Gäste wollen den Fastenmonat lieber daheim verbringen.

Zu dessen Beginn seien die meisten arabischen Touristen abgereist, erzählt Renate Ecker, Geschäftsführerin der Tourismusregion Zell am See Kaprun im Gespräch mit der „Presse“. Bis vor Kurzem war die Stadt voll von arabischen Familien, die in der Früh auf das Kitzsteinhorn zum Schneeschauen fuhren und am Nachmittag Bootsausflüge auf dem Zeller See unternahmen. Weil sich der Fastenmonat in den kommenden Jahren immer mehr in die Hauptreisezeit Juli und August verschiebt, rechnet die Touristikerin auch in nächster Zeit nicht mit steigenden Nächtigungszahlen, obwohl das Interesse der Araber am Salzburger Pinzgau ungebrochen ist.

Die Araber, die vor einigen Jahren von den Einheimischen noch mit großer Skepsis betrachtet wurden, sind mittlerweile eine wichtige Zielgruppe in der Region. Sie machen etwa vier Prozent der gesamten Nächtigungen aus, sagt Ecker. Was aber noch viel mehr zählt, ist die Wertschöpfung: Während ein Durchschnittsgast mit Ausgaben von 80 bis 100 Euro eher knausert, sind die arabischen Touristen mit Tagesausgaben von 235Euro sehr großzügig. Sie wollen einkaufen und leisten sich auch ein Taxi, um von Zell am See nach München zum Shopping zu fahren.

Dafür kann man diese Zielgruppe, die oft in größeren Gruppen mit der ganzen Verwandtschaft anreist, mit Sport nicht locken. „Wandern oder Radfahren kommen eher weniger infrage“, weiß Ecker. Die Gäste aus dem Nahen Osten machen gern Ausflüge auf das Kitzsteinhorn, zu den Stauseen in Kaprun, auf die Schmittenhöhe oder in die Stadt Salzburg. Sie lieben Ziele, die sich leicht und ohne Anstrengung erreichen lassen, und wo sie Berge, Wiesen, Wälder und Seen genießen können. In den Hotels hat man sich auf die Bedürfnisse der neuen Klientel eingestellt. Die Speisekarten bieten entsprechendes Essen an, Schweinefleisch und Alkohol sind tabu. Die Pinzgauer Tourismusmitarbeiter absolvieren Schulungen, um mehr über Wünsche und Interessen dieser Gästegruppe zu erfahren.

Salzburg schlägt Wien

Auch aus Saalfelden, wo es eine Moschee mit Minarett direkt an der Bundesstraße nach Zell am See gibt, sind die arabischen Touristen nicht mehr wegzudenken. Bei manchen Freitagsgebeten im Sommer sind mehr Gäste in der Moschee als einheimische Muslime. Mikail Sahin, Obmann des Türkischen Kulturvereins Atib Saalfelden, lobt die Großzügigkeit der arabischen Touristen, die sich oft mit Spenden für die Saalfeldener Moschee einstellen.

Tourismuschefin Ecker hofft, dass nach dem Ende des Fastenmonats im September noch einige arabische Gäste den Herbst in Zell am See genießen. Der Winter wird im arabischen Raum nicht beworben. „Skifahren kommt für diese Zielgruppe nicht infrage“, sagt Ecker. Im Bundesländervergleich liegt Salzburg übrigens mit mehr als 174.000 Nächtigungen österreichweit an der Spitze der Beliebtheitsskala bei den arabischen Gästen. An zweiter Stelle folgt Wien mit 137.000 Übernachtungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2010)

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