Oberösterreich: Schweigen im Missbrauchsskandal

Oberoesterreich Schweigen Missbrauchsskandal
Oberoesterreich Schweigen Missbrauchsskandal(c) Bilderbox
  • Drucken

Um die mutmaßliche Missbrauchsaffäre, in die ein pensionierter Richter und ein Gerichtssachverständiger aus Graz involviert sein sollen, herrscht Informationsstopp. Die Zurückhaltung der Behörden nährt Spekulationen.

LINZ. Rund um die mutmaßliche Missbrauchsaffäre, in die ein pensionierter Richter und dem Vernehmen nach auch ein Gerichtssachverständiger aus Graz involviert sein sollen, herrscht Informationsstopp. „Kein weiterer Kommentar“, war auch am Sonntag die einzige Auskunft zum Fall der mutmaßlichen Vergewaltigungen eines heute 15-Jährigen Mädchens, der am vergangenen Freitag bekannt wurde.

Die Sicherheitsdirektion Steiermark ist mit dem Fall befasst: Auskunft über den Stand der Ermittlungen müsse aber die Staatsanwaltschaft geben. Manfred Holzinger von der Staatsanwaltschaft Wels erklärt im Gespräch mit der „Presse“, dass die Informationssperre aus Gründen des Opferschutzes verhängt worden sei. Die spärlichen Informationen nähren nun Spekulationen: erste Vergleiche zum Amstettner Inzestfall wurden bereits gezogen. Es wird vermutet, dass das Ausmaß des Grazer Missbrauchsskandals weit größer sein könnte als angenommen und deshalb noch Geheimhaltung herrscht. Insider gehen jedoch auch davon aus, dass – im Unterschied zu Amstetten – deshalb mediale Zurückhaltung geübt werde, weil Mitglieder des heimischen Justiz verdächtig sind.

Anwalt: „Sexualfantasien“

Zum Hintergrund: Das Mädchen aus dem Bezirk Vöcklabruck soll, wie berichtet, im Haus ihrer Großeltern in Graz und im Haus ihrer Eltern in deren Abwesenheit ab ihrem sechsten Lebensjahr sadistischen sexuellen Übergriffen durch die Großeltern ausgesetzt gewesen sein, gegen Geld habe man sie anderen Tätern zugeführt, es soll zu Massenvergewaltigungen gekommen sein. Vier Verdächtige, darunter die Großeltern und deren Nachbar, ein pensionierter Richter, befinden sich in Untersuchungshaft.

Ärzte der oberösterreichischen Landesnervenklinik Wagner-Jauregg hatten Anzeige erstattet, nachdem ihre Patientin von den Missbräuchen erzählt hatte. „Ihr Zustand ist sehr schlecht“, sagt Primar Werner Schöny. Das Mädchen sei schon lange in Behandlung, der Verdacht habe „sich langsam herauskristallisiert und schließlich erhärtet“. Der Anwalt des verdächtigen Exrichters spricht indes von „Sexualfantasien eines psychisch kranken Mädchens“. Die beiden Schwestern des mutmaßlichen Opfers seien bei den Besuchen in Graz dabei gewesen und hätten keine Übergriffe beobachtet, berichtet der Anwalt. Seinem Mandaten sei die 15-Jährige nur einmal begegnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Graz: 15-Jährige für Sexspiele verkauft?

Im Grazer Missbrauchsverdachtsfall soll das heute 15-jährige Mädchen aus Oberösterreich für Sexspiele verkauft worden sein. Das Opfer vertraute sich in Linz einer Betreuerin an, daraufhin wurde Anzeige erstattet.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.