Die 14-jährige Armenierin, die vor der Fremdenpolizei geflohen war, ist wieder aufgetaucht. Ihre Mutter wurde aus der Schubhaft entlassen und liegt nun im Spital. Die Abschiebung wurde vorerst ausgesetzt.
Jenes armenische Mädchen, das am Mittwoch vor einer geplanten Abschiebung verschwunden war, ist bei einer befreundeten Familie gewesen. Das sagte Stephan Amann, Abteilungsleiter Flüchtlingsbetreuung bei der Volkshilfe Wien, am Freitag. Die 14-Jährige war am Donnerstag wieder aufgetaucht, nun ist sie von der Volkshilfe bei einer anderen Familie untergebracht worden. Die 58-jährige Mutter sei weiterhin suizidgefährdet und befinde sich in stationärer Behandlung.
Mutter und Tochter hätten eigentlich in diesen Tagen abgeschoben werden sollen. Da die Exekutive die 14-Jährige am Mittwoch in der Schule nicht angetroffen hatte, wurde in der Folge auch die davor in ein Anhaltezentrum gebrachte Mutter wieder auf freien Fuß gesetzt. Der Grund sei, dass man sie nicht ohne ihre Tochter des Landes verweisen könne, erklärte die Wiener Polizei.
Mädchen geht am Montag wieder in die Schule
Vergangene Nacht wurde die 14-Jährige von der Volkshilfe zu einer Familie in Wien gebracht, dort soll sie vorerst auch bleiben, so Amann. Man hoffe, dass die Polizei das zulasse. Das Mädchen sei am Freitag nicht in die Schule gegangen, soll aber prinzipiell wieder die Schule besuchen. Die Volkshilfe möchte noch am Freitag mit dem Mädchen reden, wie es nun weiter geht, ebenso mit der Schule und dem Jugendamt.
Auch wolle man versuchen, mit der Mutter zu sprechen. Diese war bereits Mitte September nach einem Selbstmordversuch in psychiatrischer Behandlung gewesen und soll laut Volkshilfe ein weiteres Mal versucht haben, sich das Leben zu nehmen, als die Beamten sie in die Schubhaft abholten. Der behandelnde Psychiater habe am Donnerstag empfohlen, die Frau ins Spital zu bringen, erklärte Amann. Sie befindet sich demnach nach wie vor in stationärer Behandlung in einem Wiener Krankenhaus.
Vorerst keine Abschiebung
Mit einer Abschiebung müssen die beiden Frauen vorerst nicht rechnen - wie lange die Aussetzung dauert, könne man nicht sagen, hieß es dazu bei der Wiener Polizei. Diese hatte Donnerstagabend mitgeteilt, dass bis zum Vorliegen der medizinischen Gutachten über den Gesundheitszustand der jungen Frau und ihrer Mutter von einer behördlichen Überstellung nach Ungarn Abstand genommen werde. Amann zeigte sich allerdings skeptisch, ob man mit der Abschiebung wirklich so lange wartet.
Die beiden Armenierinnen waren nach Angaben der Polizeidirektion im Februar 2006 über Ungarn nach Österreich gekommen. Ihr Asylantrag wurde im März gleichen Jahres zurückgewiesen, da Ungarn, wo die Frauen erstmals einen Asylantrag gestellt hätten, aufgrund der Dublin-Vereinbarung zuständig sei. Auch der Bundesasylsenat wies die Berufung gegen die Ausweisung im April 2006 ab, eine dagegen beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eingebrachte Beschwerde wurde am 6. Mai 2010, nach vierjähriger Verfahrensdauer, abgelehnt.
Fremdenpolizei weist Vorwürfe zurück
Der Leiter der Fremdenpolizei, Johann Bezdeka, weist gegenüber Ö1 den Vorwurf der unsensiblen Vorgangsweise zurück. Man stehe vor einem fast unlösbaren Dilemma: "Auf der einen Seite soll sie (die Fremdenpolizei, An.) sensibel vorgehen und Maßnahmen ankündigen. Wenn sie das aber tut, dann kann es sein, dass sich die eine oder andere Person der fremdenpolizeilichen Maßnahme entzieht."
Dass verstärkt Familien abgeschoben würden, weil Einzelpersonen schwerer zu fassen wären, weist Bezdeka auf Ö1 zurück. Fremdenpolizeiliche Maßnahmen würden dann durchgeführt, wenn die rechtlichen Verfahren abgeschlossen seien und eine freiwillige Ausreise nicht in Anspruch genommen werde. Auch für die Beamten sie ein solcher Auftrag nicht angenehm, "aber das ist ein Teil der Arbeit".
(APA)