Gegen Sohn von versetzten BVT-Beamten wird nicht ermittelt. Im Jahr 2009 gab es 453 rechtsextreme Straftaten. Das ist eine Stagnation auf hohem Niveau, im Jahr 2008 gab es ein ähnliche Quote.
Wien/APA/red. Mit einer Pressekonferenz wollte sich das Innenministerium am Montag gegen Vorwürfe verteidigen, der Sohn eines ehemaligen Verfassungsschutzbeamten bewege sich im rechtsextremen Umfeld. Herbert Anderl, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, erklärte, der Beamte sei im August versetzt worden. Wohin, das wollte er allerdings nicht sagen. Der Kriminalpolizist habe „niemals im Bereich Extremismus“ gearbeitet, hieß es weiter. Gegen den Sohn, der in einem Studentenheim wohne, werde nicht ermittelt.
Am Wochenende hatte es Gerüchte gegeben, wonach über undichte Stellen im Innenministerium Informationen auf die rechtsextreme Homepage „alpen-donau.info“ (gegen die Betreiber dieser Seite wird derzeit ermittelt) gelangt sein sollen. Dazu meinte am Montag Peter Gridling, Leiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT): Die Formulierung „Informationen aus dem Innenministerium“, wie mehrmals von „alpen-donau.info“ behauptet worden sei, rechtfertige laut Gridling aber nicht die Annahme, dass die Informationen tatsächlich aus dem Innenministerium kommen. Die Internetseite könne deshalb nicht vom Netz genommen werden, weil sie nicht in Österreich betrieben werde.
Durchsuchungen „erfolgreich“
Auf die laufenden Verfahren, vor allem auf kürzlich stattgefundene Hausdurchsuchungen in mehreren Bundesländern wurde nicht eingegangen. Bei den Polizeiaktionen sollen Computer, Laptops, Speicherkarten, Mobiltelefone, Gewehre, Kalaschnikows, Munition, Messer und Schlagringe sowie NS-Devotionalien sichergestellt worden sein. Thomas Vecsey, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, sagte lediglich, dass „in enger Kooperation mit dem BVT ermittelt“ werde. Er bestätigte nur, dass „erfolgreiche“ Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden.
Hinterfragt wurde auch, warum es offenbar zeitlich nicht abgestimmte Hausdurchsuchungen gegeben hat. Dementiert wurde zwar, dass zwischen den ersten Aktionen und jener bei einem prominenten Wiener Neonazi mehrere Tage lagen, dennoch gab es einen zeitlichen Abstand. Gridling begründete das mit „ganz unterschiedlichen Ermittlungskomplexen“, die sich zeitlich überschnitten hätten. Er wies zurück, dass es Abstimmungsprobleme gegeben habe.
Im Jahr 2009 wurden der Exekutive 453 rechtsextremistische, fremdenfeindliche oder antisemitische Straftaten bekannt – eine Stagnation auf hohem Niveau. Zum Vergleich: 2008 gab es 451, im Jahr 2005 allerdings „nur“ 209 derartige Fälle. Die Ermittler konnten bisher 44,2 Prozent der im vergangenen Jahr bekannt gewordenen einschlägigen Taten aufklären. Es handelte sich in den meisten Fällen um Verbaldelikte, Sachbeschädigungen (Klebe-, Sprüh- oder Schmieraktionen) sowie um via E-Mail, SMS oder Post versandte rechtsextreme Agitationen. In 14 Fällen wurden Körperverletzungen angezeigt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2010)