Flüchtlingsorganisationen rangeln um Asylwerber

(c) AP (ENRIC MARTI)
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Ein seit länger Zeit anhaltender Streit zweier österreichischen NGOs gipfelt jetzt in einem empörten Briefwechsel der Obleute. "Asyl in Not" greift darin "Purple Sheep" an, ein Verfahren "verpfuscht" zu haben.

Eigentlich haben sie dasselbe Ziel – Flüchtlinge in Österreich zu unterstützen. Trotzdem sind sich die beiden NGOs „Asyl in Not“ und „Purple Sheep“ seit geraumer Zeit nicht mehr ganz grün – was jetzt in einem empörten (offenen) Briefwechsel zwischen den Obleuten gipfelt.

Unter dem Titel „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“ wirft Michael Genner, Obmann bei „Asyl in Not“, Karin Klaric, Obfrau der „Purple Sheep“, vor, die tschetschenische Familie P. falsch beraten zu haben. Die Familie – die Mutter, ein voll- und ein minderjähriger Sohn –, die seit fast fünf Jahren in Österreich lebt, hätte am 30. November abgeschoben werden sollen, worauf die Fremdenpolizei aber wegen der gesundheitlichen Situation der Mutter verzichtete.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Klaric sich aber schon gefügt und festgestellt, die Abschiebung sei „leider rechtskonform“. Das sei falsch, so Genner: Klaric habe das Verfahren der – im Vorfeld von „Asyl in Not“ betreuten und später zu „Purple Sheep“ gewechselten – Flüchtlingsfamilie „verpfuscht“ und sich auch „als Retterin feiern lassen“. Dass die Abschiebung möglich wurde, habe sie zu verantworten, weil sie der Familie geraten habe, im „Freunde schützen“-Haus ihres Vereins „unterzutauchen“ – statt in dem Caritas-Heim zu bleiben, wo sie gemeldet war.

Wenn Flüchtlinge „flüchtig“ sind, dehnt sich die Frist der Behörden zur Abschiebung von sechs auf 18 Monate aus – somit habe Klaric „dem Asylamt den Vorwand zur Verlängerung der Frist geliefert“, schreibt Genner – ihr seien „Begriffe wie ,Fristablauf‘ offenbar fremd“, sie falle so anderen NGOs in den Rücken, „die in mühevoller Kleinarbeit den vom Gesetz eingeräumten Spielraum nützen“. Abschließend rät der „Asyl in Not“-Obmann „unseren Klienten und befreundeten NGOs von jeglichem Kontakt zu ihr dringend ab“. Außerdem stellt er in den Raum, dass Klaric die Familie in ihr Haus „gelockt“ und dann jeglichen Kontakt zu „Asyl in Not“ unterbunden habe.

In einer Reaktion zeigt sich Klaric „erschüttert“ über die Anschuldigungen. Sie seien „oberflächlich und unfundiert“. Über juristische Details könne zwar „gefachsimpelt“ werden, sie werde wegen der Vorwürfe aber rechtliche Schritte gegen Genner einleiten – was ihm zufolge eine Grenze überschreiten würde: „Bisher ist es, so weit ich zurückdenken kann, noch nie vorgekommen, dass eine NGO eine andere klagt.“

Mail: georg.renner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2010)

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