Unbefangenheit? Tierschützer lehnen Richterin ab

(c) Clemens Fabry
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Der Führungsoffizier einer Agentin wartete vergeblich auf seinen Auftritt im Prozess. Die Angeklagten brachten einen 100 Punkte umfassender Antrag „auf Ausschließung der Einzelrichterin Mag. Sonja Arleth“ ein.

Wiener neustadt. Freitag, Landesgericht Wiener Neustadt: Der bereits 65. Verhandlungstag im uferlosen Strafverfahren gegen 13 Tierschützer (Vorwurf: „Kriminelle Organisation“) sollte – wider Erwarten – der Tag des Fünftbeschuldigten Elmar Völkl (33) werden. Ein von ihm ausgearbeiteter, 100 Punkte umfassender Antrag „auf Ausschließung der Einzelrichterin Mag. Sonja Arleth“ wegen „erheblicher Zweifel an ihrer vollen Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit“ beschäftigte ebendiese praktisch durchgehend.

So konnte die Zeugenaussage jenes Beamten, der eine V-Person (Vertrauensperson, also einen bezahlten weiblichen Spitzel) in die Tierschutzszene eingeschleust hatte, nicht stattfinden. Dem umfassenden Ablehnungsantrag schlossen sich alle Beschuldigten an. Im Antrag selbst wurde aber – mit fast schon philosophischem Unterton – vorweggenommen, was später eintreten sollte: „Da das befangene Gericht selbst über diesen Befangenheitsantrag entscheiden muss, ist davon auszugehen, dass sich das Gericht selbst für nicht befangen erklären wird, was paradoxerweise zwingend das Ergebnis seiner Befangenheit sein muss.“ Anzumerken ist, dass Völkl (auch er soll Mitglied einer kriminellen Organisation gewesen sein, er bestreitet das), kein Jurist sondern Techniker ist – zuletzt Uni-Assistent an der TU. Freitagnachmittag erklärte sich Richterin Arleth schließlich als unbefangen: „Das Gericht ist zur Objektivität verpflichtet und kommt dieser Objektivität mit bestem Wissen und Gewissen nach.“ Antrag abgelehnt.

Inhaltlich war etwa bemängelt worden, dass das Gericht das Verfahren „verschleppe“, „sinnlose Zeugen“ lade. Auch kurios anmutende Indizien für eine Befangenheit fanden sich: Der im Gerichtssaal hängende alte Wandteppich mit den Buchstaben AEIOU (alles Erdreich ist Österreich untertan) deute auf eine „Verherrlichung der habsburgischen Monarchie“ hin.

Anzeige gegen Uni-Professorin

Auch die Kritik an der Verhandlungsführung, vorgebracht von Rechtsexperten, war Thema des Antrags. So habe etwa die Linzer Strafrechtsprofessorin Petra Velten im Journal für Strafrecht von „offenkundiger Voreingenommenheit der Richterin“ geschrieben. Dazu erklärte Arleth nun laut Austria Presse Agentur, es seien seitens der Richtervereinigung rechtliche Schritte gegen Velten eingeleitet worden. „Presse“-Recherchen ergaben, dass dies nichts mit dem Beitrag Veltens in dem Fachjournal zu tun hat. Vielmehr sind Äußerungen von Velten, die in der „Kleinen Zeitung Kärnten“ erschienen sind, Gegenstand von Erhebungen der Staatsanwaltschaft Kärnten. Der Zeitungsartikel wurde von der Richtervereinigung an die Anklagebehörde übermittelt, mit dem Ersuchen um Prüfung, ob dadurch strafbares Verhalten (üble Nachrede, Verleumdung etc.) verwirklicht worden sei. Die Verhandlung wurde auf 14. Februar vertagt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2011)

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