Die SPÖ sieht durch die Vorgangsweise der Richtervereinigung gegen die kritische Professorin Velten die Wissenschaft "im Visier der Justiz". Der Terrorparagraf sei "dringend reparaturbedürftig".
Die Kritik der Linzer Strafrechtsprofessorin Petra Velten am laufenden Tierschützerprozess in Wiener Neustadt hat nun auch die SPÖ auf den Plan gerufen. Justizsprecher Hannes Jarolim verurteilte am Donnerstag die "Anregung" der Richtervereinigung, Velten wegen ihrer Äußerungen, im Prozess sei es zu gravierenden Verfahrensmängeln gekommen, strafrechtlich zu verfolgen, scharf und sieht die Wissenschaft "im Visier der Justiz".
Jarolim schätze Velten als "sehr zurückhaltende, vorsichtig agierende Person". Und auch wenn die gewünschte Überprüfung der Professorin mittlerweile eingestellt worden sei, so habe ihn diese Vorgangsweise "schockiert". Es sei ein "Signal", das die Frage aufwerfe, "wo wir von unserem Weg der Rechtsstaatlichkeit und der öffentlichen Diskussion abgekommen sind", so Jarolim.
Rückschritt ins Mittelalter
Laut Jarolim sei "kein vergleichbarer Fall in Erinnerung, dass ein hoher Funktionär der Richtervereinigung die Staatsanwaltschaft aufgrund des Umstandes einschaltet, dass eine Wissenschafterin eine sachlich außerordentlich gut untermauerte Kritik an der Verhandlungsführung eines Justizorgans übt". Hätte die vorliegende Anzeige zu einer Verurteilung geführt, wäre dies "gleichsam ein Rückschritt ins Mittelalter und gegen fundamentale Grundprinzipien des demokratischen Rechtsstaates verstoßend".
Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk bezeichnete den sogenannten Terrorparagrafen (§§ 278 ff StGB) sowie dessen Anwendung als "dringend reparaturbedürftig". Er sprach von "unübersehbaren Schwachstellen im Justizsystem". Der Terrorparagraf und vor allem dessen Anwendung sei "eines Rechtsstaates unwürdig": "Man klagt zuerst an und schaut dann, was man findet - das ist verheerend." Die Richterin im Tierschützerprozess nahm Funk indirekt in Schutz. Sie befinde sich in einer "sehr schwierigen Situation", sie müsse Paragrafen anwenden, "wo man vorher nicht weiß, wonach man suchen soll". Prozesse, die sich über Jahre hinziehen, können "Existenzen vernichten". "Das geht einfach nicht", sagte Jarolim.
Parteipolitik brauche der unabhängigen Justiz keine Forderungen zu stellen, hieß es in einer Reaktion des Justizministeriums auf die Aussagen des SP-Justizsprechers. "Die ständigen parteipolitischen Attacken von Jarolim rücken die gute Arbeit der Justizmitarbeiter in ein schlechtes Licht. Jarolim trägt mit seinen unehrlichen Angriffen Mitverantwortung für eine Schädigung des Ansehens der Justiz und ihrer Mitarbeiter", so ein Sprecher von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.
(APA)