Katastrophenschutz: Den Naturgewalten vorbauen

Katastrophenschutz Naturgewalten vorbauen
Katastrophenschutz Naturgewalten vorbauen(c) APA
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Verheerende Beben wie in Japan sind in Österreich unwahrscheinlich. Nicht zuletzt durch den Klimawandel nehmen aber Stürme und Hitzeperioden zu.

Bauliche Maßnahmen für den Katastrophenschutz, nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Veränderungen durch den Klimawandel, waren vor Kurzem Thema einer von der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten veranstalteten Podiumsdiskussion. Die Veranstaltung brachte eine verblüffende Nachricht: Trotz einer von Klimaforschern prognostizierten regionalen Zunahme von Unwettern werden grundlegende Verbesserungen bei Schutzbauten nicht erforderlich sein.

„Im Schutzwasserbau ist man von jeher gewohnt, in Extremereignissen zu denken und die aus dem Klimawandel zu erwartenden Veränderungen liegen im Bereich der Unsicherheiten, die bei solchen Bauten berücksichtigt werden“, sagt Erich Fritsch, Geschäftsführer des auf Wasserbau spezialisierten Innsbrucker Ingenieurbüros Passer & Partner.

In Problemlagen hineingebaut

Mehr Sorgen als die Auswirkungen des Klimawandels in Bezug auf Überschwemmungen bereiten dem Ziviltechniker die Flächennutzungen, bei denen Gebiete als Bauland gewidmet werden, die durch bauliche Maßnahmen kaum zu schützen sind. Diese Entwicklung sieht auch Jürgen Suda vom Ingenieurbüro Alpinfra als einen wesentlichen Grund, weshalb Hochwasser heute immer häufiger große Schäden verursachen: „Stand bei einer Überschwemmung in den Fünfzigerjahren eine landwirtschaftliche Fläche unter Wasser, so stehen heute am selben Ort Gewerbe- und Industrieparks, bei denen im Fall einer Überflutung die Schadenssumme exorbitant höher ist.“

Suda empfiehlt, ein Gefahrenszenario für Bauwerke in solchen Regionen zu erstellen und darauf basierend Vorsorgemaßnahmen zu treffen. „Um vor unkontrolliert abfließenden Oberflächenwasser zu schützen, genügt es oft schon, die Kellerfenster um einen halben Meter nach oben zu setzen“, so der Experte. Vor Hochwasser-Erosionen im Fundamentbereich, die in schweren Fällen zum Einsturz des Bauwerks führen können, schützt Blockwurf (große Steine vor den Fundamenten).

Stürme nehmen zu

Auf eine andere Auswirkung, die der Klimawandel bringen könnte, weist Peter Maydl, Professor für Materialprüfung und Baustofftechnologie an der TU Graz, hin: „Sturm- und Starkwindereignisse nehmen laut Aussagen der Klimaforscher zu, das heißt, wir werden robustere Konstruktionen wählen müssen.“ Für Maydl ist weniger eine Verschärfung der Windnormen erforderlich als eine sorgfältigere Ausführung: „Wenn man billig baut, etwa im Randbereich von Flachdächern an Schrauben spart, kann ein Dach trotz guter Planung der Sogwirkung eines starken Sturms nicht standhalten.“

Ein weiterer Aspekt ist für Maydl die Erwärmung: „Dieses Thema muss zu bauphysikalische Konsequenzen führen“, sagt er. Schon ein geringer Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur kann dazu führen, „dass sich bei uns Sommertage mit Temperaturen über 30 Grad stark häufen“. Da Klimaanlagen enormen Energieeinsatz erfordern, sieht er die Berücksichtigung von sommerlichem Wärmeschutz durch bauliche Maßnahmen als zunehmend wichtig an: „Außen liegende Verschattung, Einsatz von Speichermassen, Betonkernaktivierung sind einige Möglichkeiten dafür“, meint der Universitätsprofessor.

Erwärmung im städtischen Bereich, aber weniger durch die Klimaänderung, sondern vor allem als Folge der baulichen Aktivitäten des Menschen sieht Erich Mursch-Radlgruber, Professor an der Universität für Bodenkultur Wien, als ein Zukunftsszenario. „Die Versiegelung der Flächen in einer Millionenstadt wie Wien führt zu fundamentalen klimatischen Veränderungen des regionalen Klimas. Aufgrund der wärmespeichernden Strukturen können die nächtlichen Temperaturen in der Stadt um sechs bis zehn Grad höher sein als im Umland.“

Hitze gefährlich wie Grippewelle

Mit ernsten Konsequenzen, wie Wissenschaftler verschiedener österreichischer Institutionen im Rahmen des Forschungsprogramms StartClim herausfanden: In den Hitzeperioden zwischen 1990 und 2004 starben in Wien täglich rund vier bis sieben Menschen mehr als sonst – was in etwa den Todesfällen bei Grippewellen entspricht. Mursch-Radlgruber empfiehlt Pflanzen als natürliche Klimaanlage: „Nicht nur möglichst viele Dächer, sondern auch vertikale Gebäudeflächen sollten begrünt werden.“ Ein entsprechendes Pilotprojekt wird derzeit in Wien realisiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2011)

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