Menschenhandel: 500 Euro für Opfer

(c) EPA (Herbert Pfarrhofer)
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Laut einer neuen Erhebung werden Opfer von Menschenhandel „in keinem Verhältnis zum Erlebten“ entschädigt. Zu Verfahren kommt es sehr selten. Für die Studie wurden 76 Fälle untersucht.

Wien. Eine Frau wird nach Österreich gehandelt und vier Jahre lang als Prostituierte ausgebeutet. Als Privatbeteiligte in einem Strafverfahren wollte sie vom Täter eine Entschädigung – 8000 Euro wurden ihr schließlich auch ausbezahlt. Es ist bisher der höchste Betrag, der einer Betroffenen von Menschenhandel in Österreich tatsächlich ausbezahlt wurde. Das ist eines der Ergebnisse der Studie „Entschädigung für Betroffene des Menschenhandels“, die Mittwochabend vorgestellt wurde.

Für die Studie haben die insgesamt vier Autorinnen 76 Fälle untersucht. Das Ergebnis: 65 Personen wurden Opfer von Ausbeutung in der Prostitution, in weiteren Fällen wurden die Betroffenen zum Betteln gezwungen oder als Arbeitskraft in Haushalten ausgebeutet. Drei waren Männer. Weiteres Fazit: Die rechtlichen Möglichkeiten zur Entschädigung gibt es, sie werden aber kaum ausgenutzt – aus mehreren Gründen.

„Das Wichtigste in diesem Kontext ist, dass die Opfer identifiziert und erkannt werden müssen“, sagt Evelyn Probst, Ko-Autorin der Studie und Koordinatorin der Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel (Lefö). Es komme oft vor, dass sich Frauen an Bekannte oder Freunde wenden, diese aber antworten: „Schlimm, aber da kann man nichts machen.“

Hälfte der Betroffenen EU-Bürger

Anspruch auf Entschädigung haben zudem nur jene, die zum Zeitpunkt der Tat legal in Österreich sind. In rund 50 Prozent der in der Studie behandelten Fälle handelt es sich um EU-Bürger. Die Empfehlung der Autorinnen lautet daher: Auch Nicht-EU-Bürger sollten Zugang zu Entschädigungszahlungen haben.

Zu einem Zuspruch von Entschädigung ist es bisher nur in Strafverfahren gekommen. Allerdings: „Die Analyse ergab, dass die Zusprüche in keinem Verhältnis zum Erlebten stehen“, heißt es in der Studie. So lagen zwölf Zusprüche zwischen 500 und 1000 Euro. Im Anschluss an das Strafverfahren könnte das Opfer ein zivilrechtliches Verfahren anstreben, wenn ihm seiner Ansicht nach zu wenig Geld zugesprochen worden ist. Das Problem bei Zivilverfahren sei allerdings, dass es lange dauere und das Risiko der Kosten bei den Betroffenen liege, so Probst.

Eine weitere Empfehlung der Autorinnen betrifft die Behörden: Werden die Täter ausfindig gemacht, solle ihr Vermögen schnell beschlagnahmt werden. Oft verschwinde das reichlich vorhandene Geld rechtzeitig (Autorin Barbara Steiner: „Menschenhandel ist ein lukratives Geschäft“).

Seriöse Zahlen, wie viele von Menschenhandel Betroffene in Österreich leben, gibt es nicht. Lefö hat vergangenes Jahr 242 Betroffene unterstützt, laut Probst „nur ein kleiner Prozentsatz“.

Planitzer/Probst/Steiner/Unterlechner: Entschädigung für Betroffene des Menschenhandels in Österreich. ÖGB Verlag, 19,80 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2011)

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