Eingemauerte Leichen: Spanierin gesteht zwei Morde

KELLERLEICHEN - SPANIERIN GESTAND ITALIENISCHER POLIZEI BEIDE MORDE
KELLERLEICHEN - SPANIERIN GESTAND ITALIENISCHER POLIZEI BEIDE MORDEAPA/EXPA/JOHANN GRODER (Expa/johann Groder)
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Die schwangere Frau wurde in Italien verhaftet. Bis Sonntag soll über die Auslieferung der Eissalonbesitzerin an Österreich entschieden werden.

[WIEN/UDINE] "Heute gegen 7.30 Uhr wurde die gesuchte Goidsargi Estibaliz C. in Udine/Italien vor einem Wohnhaus von der italienischen Polizei festgenommen. Am Vorabend war sie vor dem Bahnhof in offensichtlich verwirrtem Zustand von einem Straßenkünstler aufgelesen worden. Der junge Mann hatte ihr Unterkunft für eine Nacht gewährt und heute Morgen die Polizei verständigt [. . .]." So bestätigten die Wiener Behörden am Freitag das Ende einer spektakulären Flucht. Die Geflohene, eine Spanierin, führte in Wien einen Eissalon. Sie wird verdächtigt, ihren Exfreund und ihren Exmann erschossen zu haben. Laut italienischer Polizei sei dies von C. bereits gestanden worden.

Die Österreichische Polizei hat einen Auslieferungsantrag an die italienischen Behörden gestellt. Bis Sonntag muss sie vom Präsidenten des Schwurgerichts von Triest vernommen werden, der über die Auslieferung der Spanierin an Österreich entscheiden muss.

C. soll ihren deutschen Ehemann im Jahr 2008 getötet haben, ihren Exfreund im vergangenen November, erzählte sie der Polizei. Sie sei von den beiden Männer physisch und psychisch schwer misshandelt worden, rechtfertigte sich die Frau beim Verhör. "Wutanfälle" habe sie aufgrund der schwierigen Beziehungen bekommen. Es sei offenkundig, dass die Frau psychische Probleme habe, obwohl sie beim Verhör gefasst schien, berichtete die Polizei im Gespräch mit der APA. "Man sieht, sie hat die Situation schon verarbeitet", sagte ein Beamter. C., die im zweiten Monat schwanger ist, sei aktuell mit einem Österreicher liiert, so die Polizei in Udine weiter.

Leichenteile der Opfer waren im Keller des Hauses Oswaldgasse 1 in Wien Meidling gefunden worden. In diesem Haus befindet sich auch der (mittlerweile geschlossene) Eissalon. C., eine attraktive, von Nachbarn als freundlich beschriebene Frau, hat in Barcelona Wirtschaft studiert. Die in ihrem Keller gefundenen Leichenteile waren einbetoniert worden. Als vergangenen Montag Arbeiten in dem Gebäude vorgenommen wurden, stießen Handwerker auf Metalltröge mit Betongemisch, aus einem ragte ein Unterschenkel von einem der Opfer. Das brachte den Fall, der an ein Krimidrehbuch erinnert, ins Rollen.

Routineuntersuchung in Udine

Zuletzt bereiteten sich Wiener Beamte auf eine Einvernahme der Festgenommenen in Italien vor. Diese ist, wie sich nun herausstellte, im zweiten Monat schwanger und wurde am Freitag in einem Spital in Udine routinemäßig untersucht. Schon in den nächsten Tagen ist mit einer Auslieferung der Verdächtigen (C. war per EU-Haftbefehl gesucht worden) an Österreich zu rechnen.

Kurz vor ihrer Festnahme verhielt sich C. auffällig. Jener Straßenkünstler aus Udine, der sie bei sich übernachten ließ, erzählte der Polizei, dass ihm der psychische Zustand der 32-Jährigen bedenklich erschien. Nach Italien war die Frau mit dem Taxi gekommen. Dieses habe sie Dienstagabend beim Busbahnhof in Wien Erdberg bestiegen, berichtet der betreffende Taxilenker der "Kronen Zeitung". Demnach habe die Fahrt bis in die friaulische Ortschaft Cavazzo Carnico geführt, wo die Frau ein Zimmer in einem Hotel genommen habe. Auf der Fahrt habe sie nicht über die ihr zur Last gelegten Taten gesprochen, sie habe nur gesagt, dass sie dringend von Wien wegmüsse. Außerdem habe sie gebeten, während der Fahrt nicht zu rauchen, da sie schwanger sei. 

Sind Komplizen noch in Freiheit?

Bei den getöteten Männern handelt es sich – dies wird mit Verweis auf einen DNA-Abgleich bestätigt – um den deutschen Exmann und den Exfreund der Verdächtigen, den 48-jährigen Vertreter Manfred H. aus Oberösterreich. H. vertrieb Speiseeisprodukte und lernte so die Eissalonbesitzerin kennen. Dem Vernehmen nach half er dieser auch finanziell aus. Ob etwaige offene Geldforderungen ein Mordmotiv sein könnten, wie vielfach spekuliert wird, konnte die Polizei zuletzt nicht bestätigen.

Jedenfalls wurde H. im November 2010 als vermisst gemeldet. Erst jetzt erhielten seine Angehörigen die Gewissheit, dass der Mann eines der beiden Opfer ist. Bei dem zweiten Opfer handelt es sich höchstwahrscheinlich – wie die Frau gestand – um deren Exmann. Von diesem zweiten (länger vermissten) Opfer wurde nur der Schädel gefunden. Jedoch konnte genug DNA-fähiges Material entnommen werden, um einen Vergleich mit Verwandten zustande zu bringen. Gewissheit bringe erst die zuletzt noch laufende Untersuchung der Wiener Gerichtsmedizin, so die Polizei.

Wenn die Spanierin nun tatsächlich schuldig sein sollte, ist offen, ob sie Komplizen hatte. Die Opfer waren durch je drei Kopfschüsse hingerichtet worden. Das Zerlegen zweier Leichen, das Einbetonieren einiger Leichenteile sowie das Beseitigen der restlichen Teile erfordert einigen Kraftaufwand. Ob dieser von einer zierlichen Frau (Boulevardmedien fanden für C. Bezeichnungen wie „Todeshexe“ oder „Eisbaronin“) allein aufgebracht wurde, müssen die weiteren Ermittlungen ans Licht bringen.

Vater der "Eisprinzessin" ist Esoterik-Experte

Der Fall ruft auch in Spanien großes Medienecho hervor. Dabei wird vor allem die Familie der verhafteten Spanierin durchleuchtet. Laut "El Pais" ist der Vater ein bekannter Spezialist für Esoterik und die Geschichte der Inkas, Mayas und Azteken ist. Der 71-jährige Schriftsteller, Journalist und Psychologe befasst sich seit mehr als 40 Jahren mit "paranormalen" Phänomenen und hat bereits über 50 Bücher verfasst, unter anderem über die Ureinwohner Lateinamerikas, in deren Kultur auch Ritualmorde en vogue gewesen sein soll.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11. Juni 2011)

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