Prostitution: Neues Gesetz korrigiert

(c) FABRY Clemens
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Die Kritik der Opposition am neuen Prostitutionsgesetz verstummt nicht. Nun hat die SPÖ reagiert und Nachbesserungen angekündigt. Es sei zu befürchten, dass sich die Prostitution in Wien vermehren werde.

Wien. Von „faulen Kompromissen“ ist die Rede, auch davon, dass das Gesetz löchrig sei „wie Schweizer Käse“. Die Wiener ÖVP kann dem neuen Prostitutionsgesetz, das am 30.Juni im Landtag beschlossen und ab Herbst gelten soll, nichts abgewinnen. Es sei zu befürchten, dass sich die Prostitution in Wien vermehren werde, sagt VP-Sicherheitssprecher und Landtagsabgeordneter Wolfgang Ulm. Grund für diese Annahme: Mit dem neuen Gesetz fällt die zeitliche Begrenzung (ab 21Uhr im Sommer, ab 20Uhr im Winter, bis 4Uhr früh) weg, also können Prostituierte auch tagsüber arbeiten.

Zudem würde sich die Fläche, wo die Sexarbeiter ihre Dienste anbieten, erweitern. Genau das ist der Hauptkritikpunkt der Opposition am neuen Gesetz: Verboten wird zwar die Straßenprostitution in Wohngebieten – aber wie genau wird Wohngebiet definiert und wie nah darf man diesen Gebieten sein? Auf diese offenen Fragen hat die SPÖ nun reagiert: Der Begriff „Wohngebiet“ werde noch exakter präzisiert werden, heißt es in einer Aussendung der ressortzuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger. Dafür werde es einen eigenen Abänderungsantrag geben, der gleichzeitig mit dem neuen Prostitutionsgesetz eingebracht werden soll. Die Juristen würden zurzeit an den Details arbeiten.

Schutzzonenregelung fällt

Die konkrete Definition von Wohnzonen würden auch Beratungsorganisationen für Sexarbeiter wie „Sophie“ in Rudolfsheim-Fünfhaus begrüßen: „Wir merken, dass wir selbst den Frauen nicht genau sagen können, wo diese sind“, sagt Eva van Rahden, Leiterin der Beratungsstelle. Insgesamt seien für die Sexarbeiter mehrere Punkte im neuen Gesetz von Vorteil; etwa, dass die Strafhöhe herabgesetzt wird und dass die Schutzzonenregelung fallen wird. Bisher durften Sexarbeiter 150Meter vor sensiblen Orten wie Kindergärten nicht arbeiten. In der Praxis sei das sehr schwer nachmessbar gewesen, so van Rahden, „ob das jetzt 50 oder 60Meter sind“.

Auch wenn die ÖVP, so Ulm, mit einem allgemeinen Verbot von Straßenprostitution am zufriedensten wäre – ein Punkt im neuen Gesetz wird auch von ihnen unterstützt: Für Betreiber von Prostitutionslokalen wird es künftig Genehmigungsverfahren geben. Laut ÖVP soll sich die Prostitution ganz in Bordelle verlagern; dort könne man auch die Situation der Sexarbeiter besser kontrollieren, so Ulm.

Bleibt Straßenstrich am Gürtel?

Ein anderer offener Punkt im Gesetz ist offenbar der Gürtel. Eigentlich würde er unter Wohnbereich fallen, Sexarbeit wäre hier künftig verboten. Laut Rathaus-Informationen soll das neue Gesetz gerade für diese Gegend nicht gelten. Aus dem Büro von Frauenberger heißt es lediglich, dass „Steuerungsgruppen“ zusätzliche Gebiete definieren können, wo Straßenprostitution erlaubt sein könne.

Überhaupt setzen SPÖ, Grüne und Sexarbeiter-Organisationen auf die „Steuerungsgruppen“: Vertreter von Magistrat, Polizei, NGOs und Politiker sollen die Situation beobachten und Verbesserungsvorschläge erarbeiten. In Wien stehen rund 150Frauen auf der Straße, insgesamt sind 2200 offiziell als Prostituierte tätig. Die Dunkelziffer ist dreimal so hoch.

Auf einen Blick

Neues Gesetz. Am 30.Juni wird das Prostitutionsgesetz novelliert – es soll ab Herbst gelten. Demnach wird der Straßenstrich in Wohngegenden, Friedhöfen, Kleingärten und Haltestellen verboten werden. Die Opposition hat kritisiert, dass gerade die Wohnzonen nicht genau definiert werden. Nun kündigt die SPÖ an, den Begriff zu präzisieren. Von den Sexarbeitern selbst werden die Neuerungen wie der Fall der Schutzzonenregelung begrüßt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2011)

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