Die vielen bunten Seiten des Landlebens

Das Magazin "Landlust" verkauft sich 800.000 Mal und hat viele Nachahmer gefunden. Auch in Österreich.

Die „Landlust“ ist längst nicht mehr allein. Ihre Nachahmer heißen „Liebes Land“, „Mein schönes Land“, „Land & Berge“, „Landleben“, „LandGenuss“ oder „Stadt-Land-Magazin“. Um durchschnittlich vier bis fünf Euro kann sich der Leser auf 100 bis 200 Seiten ein bisschen Natur in die eigenen vier Wände holen. Der deutschsprachige Landmagazin-Sektor ist in den vergangenen Monaten unendlich gewachsen, das ist sogar in einer mittelgroßen Wiener Trafik erkennbar: Die Reihe mit den Country-Heften ist länger als die mit „Ballesterer“ & Co, den Fußballmagazinen. Die freundliche Trafikantin in der Landstraßer Hauptstraße sagt, der meistgekaufte Landtitel sei, trotz der Vielfalt, immer noch die „Landlust“.

Warum plötzlich so viele Verlage auf das Thema Land setzen ist einfach erklärt: Die Nachfrage ist groß und der Erfolg des deutschen Vorreiters, der den Konkurrenten beinahe unheimlich ist, weckt die Hoffnung, jedes Produkt in dem Segment funktioniere (was nicht stimmt). Dieser Vorreiter ist das Magazin „Landlust“, das 2005 in Münster gegründet wurde und seither zu den großen Gewinnern am deutschen Printmarkt gehört. Während Dutzende Hochglanzmagazine eingestellt wurden oder ums Überleben kämpfen, steigert sich „Landlust“ von Jahr zu Jahr in zweistelliger Prozenthöhe. Derzeit verkauft sich das Heft über 800.000 Mal, mehr als 300.000 Stück davon gehen an Abonnenten. 2010 lag es auf Platz 13 der 20 bestverkauften Printtitel an deutschen Kiosken und liegt damit nur zwei Plätze hinter dem „Stern“, nur vier hinter dem „Spiegel“.


Freundlicher Inspirationslieferant. Den großen Erfolg des Magazins versuchen Experten mit der hohen Glaubwürdigkeit des Heftes zu erklären: Es ist bunt und hat viele Fotos, aber es glänzt nicht und verspricht keine bessere Welt, es ist bodenständig mit leichtem Hang zur Biederkeit, die Themenpalette reicht von Ratschlägen zum Anbau von Stangenbohnen, Näh- oder Häkeltipps bis zu textstarken Geschichten über Fuchsien, Ribiseln und Paradeiser (die dort selbstverständlich „Johannisbeeren“ und „Tomaten“ genannt werden) oder das Verhältnis der Romantiker zur Natur. Es ist ein freundlicher Inspirationslieferant für die zu 75 Prozent weibliche Leserschaft, die zu 80 Prozent (!) in einem eigenen Haus wohnt – es ist also das, was früher der Nachbar war.

„Servus in Stadt & Land“ aus dem Red Bull Media House ist die österreichische und etwas schickere Kopie von „Landlust“. Es hievt mehr Bilder als Text ins Heft und großflächige Hinweise auf Sendungen im ebenfalls zu Red Bull gehörenden Servus TV. Wie groß der Erfolg des Magazins nach den ersten neun Monaten ist, lässt sich schwer sagen, der Verlag macht keine Angaben zu den Verkaufszahlen, die Druckauflage liegt bei 100.000 Stück. Glaubt man der Wiener Trafikantin, läuft es nicht so schlecht: „In letzter Zeit wird öfter das ,Servus‘ verlangt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2011)

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