Inzestverdacht: Kein Missbrauch, U-Haft aufgehoben

(c) Dapd (Rudolf Brandstaetter)
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Der 80-Jährige ist auf freiem Fuß. Die mutmaßlichen „Opfer“ sind laut Staatsanwältin wütend und aufgebracht. Die Töchter des gehbehinderten Mannes sollen aufgehetzt worden sein, sagt der Anwalt des Beschuldigten.

LINZ/WIEN/APA/geme/WIN. Keine Verdunkelungsgefahr, keine Tatbegehungsgefahr und wie es aussieht auch kein Missbrauch: Der 80-jährige Oberösterreicher aus dem Bezirk Braunau, der seine beiden Töchter – heute 53 und 45 Jahre alt – regelmäßig sexuell missbraucht und körperlich misshandelt haben soll, ist gestern, Freitag, um 14.36 Uhr aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

In einer kontradiktorischen Einvernahme, die – wie berichtet – die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner durchführte, stellten beide Frauen sexuelle Übergriffe seitens des Beschuldigten dezidiert in Abrede.
Für die Staatsanwaltschaft Ried  bestehe nun kein Haftgrund – Stichwort Verdunkelungsgefahr – mehr.
Bezüglich der dem 80-Jährigen ebenfalls angelasteten Körperverletzung und gefährlichen Drohung bestünde auch keine Tatbegehungsgefahr, da die Taten schon längere Zeit zurücklägen und der heute gehbehinderte Mann  inzwischen von seinen Töchtern getrennt in einer Pflegeeinrichtung untergebracht wurde.

Missbrauch durch anderen Mann?

Die Leitende Staatsanwältin Ernestine Heger erklärte zur Causa, dass die beiden mutmaßlichen Opfer die sexuellen Übergriffe vor der Polizei zunächst zwar explizit angegeben hätten. Doch habe sich in ihren kontradiktorischen Befragungen, die die Glaubwürdigkeit von Opfern und Zeugen testen, herausgestellt, dass es fraglich sei, ob sie die entsprechenden Begriffe überhaupt verstanden haben.
Die geistig eingeschränkten Frauen hätten einschlägige Tathandlungen beschrieben, die jedoch ein anderer Mann an ihnen verübt habe. Das liege allerdings schon längere Zeit zurück und müsse noch überprüft werden.
Dass ihr Vater das gleiche mit ihnen gemacht habe, hätten sie zudem dezidiert in Abrede gestellt. Körperverletzungsdelikte und gefährliche Drohungen durch ihren Vater, die die Frauen nach wie vor bestätigen, lägen ihren Angaben zufolge ebenso längere Zeit zurück. Auch das müsse noch geprüft werden, sagt Heger. Über die ausführliche Berichterstattung in den Medien seien die beiden ebenso unglücklich wie aufgebracht.
Josef Wimmer, der Anwalt des Beschuldigten Gottfried W., bezeichnete die Enthaftung seines Mandanten als positiven Schritt in die richtige Richtung. Es habe sich bewahrheitet, was der 80-Jährige von Anfang an gesagt habe, nämlich, dass Dritte die beiden Frauen aufgehetzt hätten. Kritik äußerte Wimmer hingegen an der Polizei: „Es gehört zum Einmaleins, zuerst abzufragen, ob man auch von den gleichen Begriffen redet. Hier wurde schlampig gearbeitet“, sagte er im Gespräch mit der „Presse“.

Wieder unter einem Dach

Wie es jetzt mit seinem Mandanten weitergeht, ist ungewiss. Wut oder Zorn würde Gottfried W. jedenfalls nicht hegen. „Er möchte seine Töchter sofort wiedersehen und kann sich auch ein Zusammenleben unter einem Dach vorstellen“, sagt Wimmer. Wo der 80-Jährige die nächste Zeit verbringen werde, möchte Wimmer nicht sagen: „Aus dem mutmaßlichen Täter ist ein Opfer geworden, dem auch Schutz zusteht.“

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