Steinhof nach dem Baustopp: Gebaut wird trotzdem

(c) Clemens Fabry
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Michael Häupl schickte die Pläne für die Verbauung "zurück an den Start" - geändert hat das weder für die Bauträger noch für die Bürgerinitiative etwas.

Nach dem Baustopp ist vor dem Baustopp. So oder so ähnlich lässt sich die Situation der Steinhof-Gründe – genauer gesagt des östlichen Areals beim Otto-Wagner-Spital in Wien Penzing – beschreiben. Bürgermeister Michael Häupl hat zwar zuletzt nach lautstarken Protesten gegen die geplante Bebauung des Areals das Thema zur Chefsache erklärt und den Bau einiger der geplanten Wohnungen unterbunden („Die Presse“ berichtete). Gebaut wird aber dennoch – und zwar nicht nur vom Krankenhausdienstleister Vamed, der bereits seit Sommer die Errichtung des Reha-Zentrums vorantreibt, sondern auch bald vom Wohnbauträger Gesiba, dessen Projekt massiv kritisiert wird.

„Es ist ein sensibles Projekt, vor allem weil wir die Ersten sind, die zu bauen begonnen haben“, sagt Vamed-Pressesprecher Ludwig Bichler, während er durch das Baustellengelände führt. Gleich nach dem Portierhäuschen beim Eingang Reizenpfenninggasse wird bereits gebaut. Ein Baugitter sperrt die 2500 Quadratmeter große Baustelle ab, Jogger weichen zufahrenden Baggern und Lastwagen aus. Das einstige Fuhrparkhäuschen aus den 1970er-Jahren, das schon länger leer stand, wurde bereits abgerissen. Als Nächstes ist das Personalwohnheim – ebenfalls unverkennbar ein Relikt aus den frühen 1970er-Jahren – an der Reihe. Der heruntergekommene Bau steht ebenfalls seit Jahren leer. Der Abriss des Gebäudes hat sich etwas verzögert, weil zuerst ein Platz für die dort angesiedelte Anstaltsapotheke gefunden werden musste. Die wird jetzt in einem der Pavillons einziehen.


Reha-Zentrum: Ja, aber. „Man darf nicht vergessen, dass wir uns immer noch auf einem Spitalsareal befinden, auch wenn es öffentlich zugänglich ist“, so Bichler. Und deshalb passe das Orthopädische Rehabilitationszentrum, das dort bis Mitte 2013 entstehen soll, gut hierher. Das sieht selbst die Bürgerinitiative ein, die seit Monaten gegen die Bebauung des Areals protestiert. Kritik am Gesundheitszentrum gibt es aber dennoch. „Ein Reha-Zentrum ist ja eine gute Sache, aber warum muss das genau hier entstehen, warum baut das nicht der KAV selbst und warum diese Architektur, die gar nicht zu dem Jugenstiljuwel passt?“, fragt Gerhard Hadinger von der Bürgerinitiative „Steinhof erhalten“. Der Initiative wäre es lieber, das Reha-Zentrum würde beim nahen Ottakringer Bad einziehen. Selbst das hässliche Personalwohnheim will man erhalten. „Das kann man ja sicher günstig sanieren und sozial Bedürftigen zur Verfügung stellen“, lautet die Idee von Edith Steininger, ebenfalls bei der Initiative. Außerdem ist den erbosten Bürgern das öffentlich zugängliche „Wellness-Zentrum“, das hier integriert werden soll, ein Dorn im Auge. Für Bichler ist der Begriff allerdings etwas hoch gegriffen. Es handle sich lediglich um ein Schwimmbad und einen Saunabereich, der täglich ab 16 Uhr auch der Öffentlichkeit zugänglich sein soll.


Kampf der Worte. Überhaupt wird beim Streit um die Pläne auf dem Otto-Wagner-Areal eine sehr differenzierte Wortwahl verwendet. Das wird auch an den Wohnungsplänen der Gesiba deutlich: Häupl kürzte die geplante Zahl an Wohneinheiten (600) um mindestens 200. Die einen reden von gefördertem Wohnbau und sozialer Durchmischung, die anderen von Luxuswohnungen für Politgünstlinge. Die „Kronen Zeitung“, die die Bürgerinitiative seit Monaten unterstützt, macht dabei bereitwillig mit.

Das wurmt wiederum Ewald Kirschner, Generaldirektor der Gesiba. Sein Lieblingswort bei der Debatte ist „Rechtsstaatlichkeit“, auf der er stets beharrt. Immerhin wurden die Pläne bereits 2006 im Gemeinderat abgesegnet. Für Kirschner habe sich durch den Baustopp von Häupl deshalb nicht viel geändert. „Das kann überhaupt kein Baustopp sein, weil wir noch nicht bauen“, sagt er. Sollte es wirklich beim vollständigen Baustopp für den nördlichen Teil (A1, siehe nebenstehenden Plan), für den 200 Wohnungen geplant waren, bleiben, werde man eben von dem Vorverkaufsrecht Abstand nehmen. Anders sieht das mit den Teilen A3 und A4 aus. Dort werde wie geplant mit der Sanierung der bereits bestehenden Bauobjekte begonnen – darunter knapp 100 Wohnungen, wovon etwa 20 schon länger als solche (etwa von Mitarbeitern) genutzt werden. 80 neue Wohnungen werden dort in den bereits bestehenden Räumlichkeiten eingerichtet.


Lediglich Verzögerung? Offen ist hingegen, was mit dem Areal A7 passieren wird, auf dem man ursprünglich ab Anfang 2013 rund 300 Wohnungen, eine Tiefgarage und einen Kindergarten bauen wollte. Die Pläne sollen gemeinsam mit den Planungsressorts der Stadt Wien unter Einbeziehung der Bürger überarbeitet werden. „Da gehen wir eigentlich vor wie beabsichtigt. Wir waren immer offen für Vorschläge der Bürger“, sagt Kirschner. Er habe nichts dagegen, wenn sich der Baustart um ein halbes bis dreiviertel Jahr verzögere, „wenn dadurch eine ordentliche Konsenslösung herauskommt“. Etwas anderes als Wohnbau kommt für ihn aber nicht infrage. „Keine Wohnungen bedeutete eine Rückabwicklung im Gemeinderat, wie es sich für einen Rechtsstaat gehört, inklusive Rückzahlung von Vorausleistungen“, sagt Kirschner.

Für die Bürgerinitiative, die mittlerweile 15.000 Unterschriften gegen eine Bebauung gesammelt hat, hat sich durch das Zurück-an-den-Start von Häupl ebenfalls nichts geändert. „Häupls Aussage ist für uns nicht akzeptabel, weil er alles offen gelassen hat“, so Gerhard Hadinger. Die Bürgerinitiative hält nach wie vor an der Forderung nach einem kompletten Planungs- und Baustopp fest. „Das ist nur eine Geste, um zu schauen, ob sich die Initiative dadurch beruhigt. Aber im Gegenteil, wir werden erst recht nicht aufgeben.“ Ausdauer dürften die rund 20 Herrschaften der Initiative haben: Immerhin war ein Teil von ihnen bereits in den Achtzigerjahren bei den Protesten gegen die Verbauung des heutigen Grünareals aktiv – und das mit Erfolg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2011)

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