Fall Kampusch: Ermittlungen für die FPÖ?

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Ein Polizist, auch Gemeinderat der FPÖ, nahm DNA-Proben eines Mädchens. Die Mutter des Kindes erstattete Anzeige, die Polizei ermittelt wegen Amtsmissbrauchs.

Wien/Awe. Polizist W. ist ein kleiner Beamter in Wien. Nebenbei sitzt er für die FPÖ im Gemeinderat einer Ortschaft am Nordrand der Hauptstadt. Bis Mittwoch interessierte das niemanden.

Jetzt ist alles anders. „News“ machte bekannt, dass der Mann im Februar auf eigene Faust im Fall Natascha Kampusch ermittelte, und zwar an einer niederösterreichischen Schule. Unter dem Vorwand, Verkehrsunterricht zu geben, schlich er sich ein und fragte ganz gezielt nach DNA-Spuren eines bestimmten Mädchens. Privat, ohne Auftrag seiner Dienststelle. Die Mutter des Kindes erstattete Anzeige, die Polizei ermittelt wegen Amtsmissbrauchs.

Doch nicht nur. „Die Presse“ erfuhr, dass auch strafrechtliche Ermittlungen laufen. W. könnte – so der Verdacht – im Auftrag eines Dritten gehandelt haben. Um die Identität dieses sogenannten Bestimmungstäters macht die Polizei ein großes Geheimnis.

Fest steht, dass W. mit der Aktion eine von der FPÖ vertretene Verschwörungstheorie prüfte – und falsifizierte. Parteichef Heinz-Christian Strache hatte Ende November gefordert, der Möglichkeit einer eventuellen Schwangerschaft von Natascha Kampusch während ihrer Gefangenschaft im Verlies von Entführer Wolfgang Priklopil nachzugehen.

„Ruhe für das Opfer“

Kritik am Hochkochen des Falls kam am Mittwoch von Udo Jesionek, Präsident der Opferschutzorganisation „Weißer Ring“. Er meinte im ORF, Parteien würden das Thema gezielt streuen, um von anderen Dingen abzulenken. Er fordert Ruhe für das Opfer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2012)

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