Kampusch: Keine Mittäter, keine Schwangerschaft

Natascha Kampusch bei ihrem ORF-Interview
Natascha Kampusch bei ihrem ORF-Interview(c) ORF ()
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In einem ORF-Interview weist Natascha Kampusch sämtliche Gerüchte und Verschwörungstheorien um ihren Entführungsfall entschieden zurück. Die Zweifel an ihrer Geschichte seien "eine enorme psychische Belastung".

Natascha Kampusch ist in einem ORF-Interview, das am Montagabend in der Sendung "Thema" ausgestrahlt wurde, allen Verschwörungstheorien entschieden entgegengetreten. Zugleich zeigte sich die junge Frau sehr betroffen über entsprechenden Aussagen, die immer wieder vorgebracht werden.

Dass bezweifelt wird, dass Wolfgang Priklopil ein Einzeltäter war, und sie nie die ganze Wahrheit erzählt habe, sei sehr schwer für sie. "Es ist eine enorme psychische Belastung, es verletzt."

Kampusch bestreitet Schwangerschaft

Sie wäre niemals schwanger gewesen. Dahingehende Gerüchte hatte es in den vergangenen Wochen immer wieder gegeben, Beweise dafür fehlen. Bei ihrer ersten Einvernahme habe Kampusch gefragt, ob dies nachzuweisen sei. "Dazu muss man sagen, dass ich diese Frage so nie gestellt habe. Es stimmt aber, dass ich mich erkundigt habe, weil ich mich für das Thema Biologie und auch den menschlichen Organismus interessiere ... aber das hat nichts mit mir zu tun."

Dass im Verlies in dem Haus in Strasshof, in dem Kampusch versteckt gehalten wurde, Bücher über Schwangerschaft gefunden wurden, liege daran, dass sie vom Entführer Lesestoff bekommen habe. Dabei waren auch alte Sachen von "irgendwem" - u.a. ein kleines Heftchen, wie man einen Säugling pflegt. Eine gefundene Haarlocke stamme nicht von einem Baby sondern von ihr. Sie musste sich den Kopf rasieren, damit man keine Haare finden konnte, nachdem sie oben im Haus gearbeitet hatte.

"Warum demütigende Sachen preisgeben?"

Die Gerüchte, sie würde einen Pädophilenring decken, wies die junge Frau entschieden zurück: "Alle wissen, was mir passiert ist, dass ich achteinhalb Jahre gefangen war. Ich hab gesagt, was ich sagen konnte, was ich wusste. Ich würde so was nie tun. Ich würde nie verhindern, dass solche Verbrecher zur Rechenschaft gezogen werden, und würde alles daransetzen, dass das anderen Leuten nicht passiert."

Zum "Vorwurf", sie spare viel aus, vor allem wenn es um intime Details geht: "Ja, aber sehen Sie es doch so: Jeder hat ein Anrecht auf Privatsphäre und ich muss nicht alles erzählen. Gewisse Dinge sind sehr persönlich und haben auch nicht wirklich etwas mit diesem Verbrechen zu tun und warum soll ich dann demütigende Sachen preisgeben?"

Liebesbeziehung mit Priklopil "völlig absurd"

Die Unterstellung einer Liebesbeziehung mit ihrem Peiniger sei "völlig absurd". Bei der Vorstellung, dass es Menschen gibt, die solche Fantasien haben, "wird mir so richtig schlecht". Das sei einfach demütigend und beleidigend.

Sie habe auch nie Mittäter gesehen. Mit dem Freund Priklopils, dem diese Rolle schon des öfteren unterstellt wurde, habe sie nach der Flucht mehrmals und lange telefoniert. Das sei geschehen, weil sie u.a. wissen wollte, was in den letzten Minuten Priklopils geschehen sei und welchen Eindruck Außenstehende von ihm hatten. Zugleich interessierte sie, ob er vielleicht schon länger Bescheid wusste und nichts ausgesagt hat. "Ich wollte, falls er irgendwie doch eine Art Mittäter gewesen wäre, vielleicht auch zur Überführung beitragen."

Interviewer Christoph Feurstein und Natasche Kampusch in der ORF-Sendung ''Thema''.
Interviewer Christoph Feurstein und Natasche Kampusch in der ORF-Sendung ''Thema''.(c) ORF

Zeugin "immer noch sehr geschockt"

Die Aussage des damals zwölfjährigen Mädchens, das die Entführung beobachtet und dabei angeblich zwei Männer gesehen hat, erklärt sich Kampusch damit, dass es sich in diesem massiven Schockzustand geirrt habe und etwas eingebildet hat, das gar nicht dagewesen ist. "Ich habe ja dann nochmal mit ihr gesprochen und sie wirkt immer noch sehr geschockt. Sie ist immer noch traumatisiert von dem, was damals passiert ist."

Zum Interesse an entsprechenden Details: "Es macht einfach neugierig, was da wohl passiert ist, und es geht darum, nicht um Opferschutz oder dass man etwas aufklärt, und ich nehme an, sollten die wirklich auf den Missbrauch anspielen, ist das ja neben der Freiheitsberaubung, wenn man das jetzt das als akutes Problem betrachtet, jetzt das geringere, denn eine Freiheitsberaubung ist etwas enorm Schreckliches." Keiner sei gerne eingesperrt und das würden diese Menschen offensichtlich nicht verstehen. "Es ist indiskret und überhaupt nicht behutsam oder einfühlsam, was da passiert."

Pornovideos? "Nur eine weitere Fantasie"

Interviewer Christoph Feurstein: "Es hält sich ja hartnäckig das Gerücht, dass Pornovideos von Ihnen existieren. Gibt es solche Videos?" Kampusch: "Nein, hierbei handelt es sich natürlich nur um eine weitere Fantasie, die diese angesprochene Theorie untermauern soll - mit diesem Kinderpornoring und der SM-Szene und dem allen. Da gehört natürlich auch ein Film dazu - in der Fantasie", so Kampusch.

(APA/red.)

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