Österreichs Islamisten-Szene wächst

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Über 20 Personen seien in Österreich potenziell gefährlich und tatsächlich zum Jihad bereit, so das Bundesamt für Verfassungsschutz.

Auch in Österreich gibt es eine radikal-islamistische Szene. Diese sei zwar klein aber werde zunehmend größer, wie der Direktor des Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung Peter Gridling gegenüber der APA bestätigte. "Die Szene ist in den letzten Jahre gewachsen", so Gridling. Die Gefahr der Radikalisierung in Österreich sei aber nicht mit jener in Frankreich zu vergleichen, meinte der Integrationsexperte Kenan Güngör: "Wir bemerken, dass die Radikalisierung tendenziell in bestimmten Strömungen passiert bei Menschen mit Hintergrund im arabischen Raum und Nordafrika." Er warnt vor einer überzogenen Reaktion der Gesellschaft nach Vorfällen wie in Toulouse.

Die Gefahr von Terroraktionen sei real, aber derzeit gebe es in Österreich "keine Situation, die eine Annahme von Anschlägen rechtfertigen könnte," so Gridling. Bisher bestehe unter den lokalen Jihadisten eher die Tendenz ins Ausland zu gehen und sich dem dortigen Kampf anzuschließen oder von hier aus mit Geld zu unterstützen.

Über 20 Personen hätten tatsächlich eine terroristische Ausbildung absolviert oder versucht, ein Terrorcamp in Afghanistan und Pakistan zu besuchen. Diese Personen seien potenziell gefährlich und tatsächlich zum Jihad bereit, sagte Gridling. "Die Zahl jener, die mit der Ideologie des Jihad liebäugeln, ist jedoch weit größer", und bewege sich bei weniger als einem Prozent der Muslime.

Warum wird jemand zum Terroristen?

Ein typisches Profil eines Terroristen gibt es laut Gridling nicht. "Die Gründe warum jemand zum Terroristen wird, sind mannigfaltig", erklärte er. "Auch bei unserer Szene gibt es alle Formen: Österreicher die zum Islam konvertieren, Zugezogene und Migranten der zweiten oder dritten Generation," so Gridling weiter.

Warnung vor "Einsamen Wölfen"

Ein Anschlag wie jüngst in Toulouse sei schwer zu verhindern. Sicherheitsexperten in Europa warnen seit den vergangenen Jahren immer wieder vor "Einsamen Wölfen" - also Einzeltätern, die sich völlig isoliert radikalisieren und ihre Terroraktionen alleine planen und durchführen. Nach Einschätzung des obersten Terrorismus-Experten der EU, Gilles de Kerchove, leben rund 400 dieser von al-Qaida ausgebildete "Einsame Wölfe" in der EU. Die meisten würden sich in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, aber auch in Belgien aufhalten. 

Gegen diese Einzeltäter präventiv vorzugehen sei besonders schwierig, meinte Gridling. "Das sind meist Glücksfälle oder Zufälle, denn wenn die Radikalisierung im eigenen Wohnzimmer durch das Internet stattfindet, ist das schwierig mitzukriegen", erklärte der Chef des Verfassungsschutzes.

(APA)

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