Sorgerechtsstreit: Immer wieder spektakuläre Fälle

Der Fall des Dänen, der am Dienstag seinen Sohn aus Grazentführt hat, erinnert an andere ähnliche Sorgerechtsstreitigkeiten. So ist es bald acht Jahre her, dass ein Mann aus Graz-Umgebung seine beiden Kinder entführte, als seine Frau die Scheidung wollte. Nach dem 58-Jährigen wird gefahndet - auch wegen gefährlicher Drohung.

Eine Chronologie spektakuläre Fälle:

  • 13. April 2011: Ein Tauziehen um einen Sechsjährigen, den seine Mutter kurz vor Weihnachten unerlaubt von Linz in ihre Heimat Tschechien brachte, ist zu Ende. Ein Gericht in Brünn ordnet die Abnahme des Kindes an. Die Frau war im Dezember überraschend bei ihrem Ex-Partner aufgetaucht und holte ihren Buben zu einem vermeintlichen Christkindlmarktbesuch ab.
  • 3. März 2011: Der Oberste Gerichtshof entscheidet im Sorgerechtsstreit einer Oberösterreicherin mit einem Griechen um den gemeinsamen Sohn. Die Eltern sind geschieden, die Frau wirft ihrem Ex-Mann Misshandlungen vor. Vor zwei Jahren kehrte sie nach einem Besuch in der Heimat nicht mehr mit ihrem Kind nach Griechenland zurück. Weil der Vater einem dauerhaften Aufenthalt nicht zugestimmt hatte, verpflichtete das Höchstgericht die Mutter zunächst zur Rückführung des Kindes. Ein Jahr danach entscheidet man anders: Der Bub kann bei der Mutter bleiben.
  • März 2009: Ein Tiroler entzieht, so die spätere Anklage, im Zuge eines Sorgerechtsstreits seine damals vierjährige Tochter der Mutter. Im Zuge einer internationalen Fahndung wird er im September 2010 in Brasilien festgenommen.
  • 6. Februar 2007: Am Salzburger Landesgericht muss sich ein aus Ägypten stammender Österreicher verantworten, der sich nach der Trennung von seiner Frau im Juni 2005 mit den zwei gemeinsamen Kindern in seine Heimat abgesetzt hat. Der Vater kehrt zwar ein Jahr später nach Österreich zurück, die Kinder bleiben aber in Ägypten, obwohl der Mutter die Obsorge zugesprochen wurde.
  • 26. November 2004: Gerichtsbehörden holen ein Mädchen ohne Wissen der Mutter am Schulweg in Lienz ab und bringen es zum Vater in die Türkei, dem dort das Sorgerecht zugesprochen wurde. Die Frau war etwa zwei Jahre zuvor zusammen mit ihrer Tochter aus der Türkei geflüchtet.
  • 25. November 2004: Am achten Geburtstag seiner Tochter holt Johann E. aus Graz das Mädchen und ihren damals dreieinhalbjährigen Bruder ab. Er fährt mit ihnen in einem blauen Opel Astra davon. Die Polizei tappt bis heute absolut im Dunkeln. Nach einem Bericht in der TV-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" aus dem Jahr 2007 gehen zwar zahlreiche Hinweise auf das verschwundene Geschwisterpaar ein. Konkrete Ergebnisse bringt das aber keiner. Das Bundeskriminalamt hält es für wahrscheinlich, dass sich alle drei in Deutschland aufhalten. Möglicherweise gehen die Kinder dort sogar in die Schule.
  • 26. Jänner 2004: Ein Obsorge-Streit um ein Salzburger Scheidungskind erschüttert ganz Österreich. Es kommt zum Eklat, als Exekutoren auf Anordnung des Bezirksrichters den Buben von Großgmain (Flachgau) "mit angemessener Gewalt" zu seiner Mutter bringen wollten. Das Kind, der offensichtlich beim Vater bleiben will, wehrte sich mit Schlägen und Schreien, ins Auto zu steigen. Nach den erschütternden Szenen wird es ins Spital gebracht.
  • 2. November 2002: Ein von seinem Vater in Oberösterreich entführtes Kleinkind wird in Barcelona befreit. Der Mann aus dem Bezirk Steyr-Land soll die Scheidung nicht verkraftet haben und Ende Oktober mit seinem 20 Monate alten Sohn nach Spanien gefahren sein. Seine Ex-Frau fliegt ihm mit zwei Mitarbeitern einer Security-Firma nach. Am Flughafen in Barcelona wird der Vater mit Hilfe der spanischen Exekutive gestellt.
  • 27. November 2001: Unter anderem wegen des Verdachts der Kindesentziehung müssen sich eine Tirolerin und ihr aus Salzburg stammender Lebensgefährte vor einem Innsbrucker Schöffengericht verantworten. Den beiden Angeklagten wird vorgeworfen, im Juli 1999 die zwei Kinder der Frau vom erziehungsberechtigten Vater zu einer dreiwöchigen Urlaubsreise abgeholt und nicht mehr zurückgebracht zu haben. Erst 17 Monate später, im Jänner 2001, können sie in einem italienischen Hafen festgenommen werden.
  • Juni 1997: Wegen Kindesentführung per internationalem Haftbefehl gesucht, meldet sich eine damals 41-Jährige telefonisch aus Spanien, um sich gegen die ihrer Meinung nach "widerrechtliche" Fahndung zu verteidigen. Die Frau hat im Zuge eines mehrjährigen "Rosenkrieges" ihre drei Mädchen zunächst ins Ausland gebracht und schließlich ihre Jüngste aus der Obhut des Vaters in Niederösterreich entführt. Die Mutter wird am 10. November festgenommen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

ENTF�HRTER F�NFJ�HRIGER: FLUCHTFAHRZEUG
Österreich

Kindesentziehung: Grazer Mutter telefonierte mit Sohn

Der Fünfjährige wurde von seinem Vater nach Dänemark gebracht. Dieser bietet der Mutter des Kindes nun einen "Dialog" an.
Kindesentziehung Behoerden suchen Helfer
Österreich

Kindesentziehung: Behörden suchen Helfer des Vaters

Die polizeilichen Ermittlungen schließen jenen unbekannten Mann mit ein, der die Mutter festhielt. Die Mutter fürchtet eine Traumatisierung ihres Sohnes.
Der Mietwagen, in den der Fünfjährige gezerrt wurde, wurde bei Graz gefunden.
Österreich

Kindesentziehung: "Der erste Schritt muss vom Vater kommen"

Sowohl die dänischen als auch die österreichischen Behörden setzen auf Beruhigung über Ostern. Der Haftbefehl gegen den Vater bleibt aufrecht.
In dieses Mietauto soll der Fünfjährige gezerrt worden sein.
Weltjournal

Kindesentziehung: Vater will sich dänischen Behörden stellen

Angeblich hat die dänische Polizei jenem Mann, der am Dienstag in Graz einer Frau den gemeinsamen fünf Jahre alten Sohn entrissen hat, eine "Lösung" angeboten. Dem Fünfjährigen geht es gut.
Weltjournal

Großes Medieninteresse in Dänemark

Der - nun eskalierte - Obsorgestreit zwischen einem Dänen und einer Grazerin um deren fünf Jahre alten Sohn sorgt in Dänemark schon länger für Aufmerksamkeit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.