Mit Alfred Dorfer »unter sich«

(c) FABRY Clemens
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Der Kabarettist, Schauspieler und Buchautor Alfred Dorfer ist nur wenige Monate im Jahr in Wien. Dann ist er meist im Café Drechsler anzutreffen. Oder im Stiegenhaus.

Kann schon sein, dass man hier „unter sich“ bleibt. Soll heißen, alleine im Kino mit dem Old-School-Charme und den Schwarz-Weiß-Plakaten, die einen Stummfilm ankündigen. „Das älteste Kino der Welt“ verkündet noch ein anderes Plakat am Eingang der „Breitenseer Lichtspiele“ in Wien Penzing. Und davor steht Alfred Dorfer, seines Zeichens Kabarettist, Schauspieler, Kolumnist und seit Kurzem, nein, eigentlich: schon wieder, Buchautor. „Donnerstalk“– wie seine Kult gewordene Fernsehshow– heißt auch die Neuerscheinung (Czernin Verlag), in der die Glossen Dorfers, veröffentlichtauf denÖsterreich-Seiten der „Zeit“,gebündelt nachzulesen sind.

Aber zurück zu den Lichtspielen. Ja, Dorfer war hier schon einmal „unter sich“, bei einem seiner gelegentlichen Besuche in diesem nicht uncharmanten Haus.

Dass die Breitenseer Lichtspiele in regelmäßigen Abständen um ihre Existenz kämpfen müssen, ist schon lange bekannt in der Stadt. Ein Schicksal, das die Lichtspiele mit anderen gediegenen Wiener Kinos teilen, und Dorfer sagt auch, warum: „Digitalisierung.“ Zumindest er darf sich einen treuen Kunden nennen – und ist dadurch bei der Betreiberin des Kinos gleichermaßen bekannt wie beliebt.

Von Penzing führt der Stadtspaziergang zur Batthyánystiege im Herzstück des imperialen Wiens, nämlich in der Hofburg. Die Stiege sei ein „heiliger Ort“, sagt Dorfer, denn es ist der Eingang zum Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft. In den Neunzehnhundertachtzigerjahren hat der Kabarettist hier studiert, 2005 hat er sein Studium wieder aufgenommen. Seither, sagt Dorfer, habe sich wahnsinnig viel verändert, aber die Stiege sei immer gleich geblieben. Wie so viele der Themen, über die Dorfer in seinen Glossen aus den Jahren 2006 bis 2011 gegrübelt hat.

Die stockende Bundesheerreform zum Beispiel oder die quasi nicht vorhandene politische Rücktrittskultur in Österreich – oder auch über gewisse Politiker und/oder Ex-Politiker, die nach wie vor die Titelseiten der Medien dominierten, weil zwei, drei ihrer Errungenschaften womöglich nicht rechtens waren. In erster Linie aber, meint Dorfer, sei „Donnerstalk“ ein archivarisches Werk. Viele Dinge würden sich eben wiederholen und daher sei ein Artikel von letzter Woche per se nicht „Müll“.

Melange im Stehen. Die nächsten zwei Stopps jedenfalls führen in den Dunstkreis des Naschmarktes, eine Gegend, die Dorfer ob der gemütlichen Cafés sehr schätzt.

Zuerst aber in die Parfümerie: In der Nähe der U-Bahn-Station Pilgramgasse befindet sich die Drogerie von Poldi Tesar (Schönbrunner Straße/Ecke Strobachgasse). Wobei Drogerie eigentlich eine Untertreibung ist, denn hier gibt es von Kerzen bis zu Kleiderbügeln und (auf den ersten Blick undefinierbaren) Bürsten alles.

Besser gesagt: Gab es. Tesar ist vor Kurzem in Pension gegangen, so bleibt die Drogerie, die in der näheren Umgebung durchaus Kultstatus genossen hat, geschlossen.

Lange offen hat zumindest das Café Drechsler an der Linken Wienzeile. Eine Melange wird bestellt, an der Bar, und im Stehen getrunken. Zum Frühstück ist es zwar zu spät – obwohl das hier prinzipiell durchgehend serviert wird – aber das Essen sei „hervorragend“, wie Dorfer sagt. Das Café sei sein verlängertes Wohn- und Arbeitszimmer, zumindest in den paar Monaten im Jahr, die er tatsächlich in Wien verbringt.

Bleibt also noch ein wenig Zeit für zwei wesentliche Fragen: Lieber schreiben oder auftreten? „In Personalunion“, so Dorfer, „das eine schließt das andere nicht aus.“ Lieber Theater oder Film? Das Theater bleibe eine Herzensangelegenheit, sagt der Kabarettist, der im Drechsler freilich auch gleich erkannt wird und schnell noch ein paar Hände schüttelt, bevor er dann seines Weges geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2012)

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