Fall Kampusch: Ewige Frage nach Mittätern

(c) Dapd (Joerg Koch)
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Ein parlamentarischer Berichtsentwurf übt Kritik an den Ermittlern. Die Mehrtäter-These bleibt weiterhin aufrecht. Ob nun im Fall Kampusch Ermittlungsbeamte erneut aktiv werden, bleibt abzuwarten.

Wien/Red. Wie viel „Sprengstoff“ liefert ein derzeit kursierender Entwurf eines Berichts des parlamentarischen Unterausschusses zum Entführungsfall Natascha Kampusch? Wie schon großteils in der „Presse“-Freitagsausgabe berichtet, listen Ausschussmitglieder darin nach wie vor Ungereimtheiten auf. Kernaussage: Eine „neuerliche eingehende Beurteilung des Falles durch Experten aus dem Bereich der Kriminalpolizei, der Cold-Case-Evaluierung und der Forensik erscheint angezeigt“.

Zu beachten sei, so stellt der im Ausschuss sitzende Grün-Abgeordnete Peter Pilz klar, dass dieser Berichtsentwurf nur einer von mehreren Varianten entspreche. Denn: „Die Parteienverhandlungen über den eigentlichen Endbericht haben noch nicht begonnen.“

Laut Pilz müsse nach Prüfung des Falles von „Verantwortungslosigkeit“ im Bereich der ursprünglich eingesetzten „Soko Burgenland“ und der Staatsanwaltschaft Wien gesprochen werden. Auch in dem nun von der „Kronen Zeitung“ publizierten Berichtsentwurf ist von Ermittlungspannen die Rede. Etwa von Pannen, die eine eventuell mögliche frühere Befreiung des Opfers verhindert hätten.

Zur Erinnerung: Das Parlament war in dem Entführungsfall eingeschaltet worden, nachdem ein in Innsbruck laufendes Amtsmissbrauchsverfahren gegen fünf ehemalige Kampusch-Staatsanwälte eingestellt worden war. Innen- und Justizressort hatten daraufhin Akten an das Parlament geliefert. Diese wurden vom geheimen „Stapo-Ausschuss“ (dieser prüft normalerweise die Amtstätigkeit der Verfassungsschützer) ausgewertet. Zudem wurden sieben Zeugen unmittelbar befragt, allen voran Ex-OGH-Präsident Johann Rzeszut – er war auch Mitglied einer schon im Jahr 2008 eingesetzten Evaluierungskommission und hatte stets heftige Kritik an den Ermittlungen geübt.

Ob nun im Fall Kampusch Ermittlungsbeamte erneut aktiv werden, ob aus dem In- oder Ausland (zuletzt war gar vom FBI und vom deutschen Bundeskriminalamt die Rede), bleibt abzuwarten. Es liegt einzig in den Händen der Parlamentarier, in einem Endbericht – dieser soll in einigen Wochen fertig sein – eben darauf zu drängen.

Andere Stellen sind nicht mehr eingeschaltet. Nach Vorliegen der Innsbrucker Entscheidung (Einstellung des Staatsanwälte-Verfahrens) hatte auch noch die Möglichkeit bestanden, dass der Rechtsschutzbeauftragte des Justizministeriums neue Erhebungen verlangt. Davon wurde aber kein Gebrauch gemacht.

„Keine abschließende Antwort“

Wenn nun auch die Parlamentarier (im Ausschuss sind alle fünf Fraktionen vertreten, Ausschussvorsitzender: Werner Amon, VP) etwa der Kinderpornoring-Verschwörungstheorie eine Absage erteilen, so fällt doch auf, dass zumindest laut Berichtsentwurf die Mehrtäter-Theorie nicht ausgeschlossen wird: „Es ist somit festzustellen, dass die Frage nach der Einzeltäterschaft, insbesondere dahingehend, ob Wolfgang Priklopil (der Entführer, Anm.) Helfer oder Mitwisser hatte, welche auch nicht mit Frau Kampusch in Kontakt gekommen sein müssten, aufgrund des Selbstmordes von Priklopil und der vorliegenden Ermittlungsergebnisse nicht abschließend beantwortet werden kann.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2012)

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Man muss kein Prophet sein, um abschätzen zu können, dass auch der derzeit in Bearbeitung befindliche Endbericht des parlamentarischen Unterausschusses in Sachen „Kampusch“ viele Fragen enthalten wird.

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