Polizei klagt an: Zu wenig Dienstautos

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Seit Monaten werden Blaulichtfahrzeuge eingezogen. Innenministerium spricht von „Überhang“ seit der Euro 2008 – Kritiker: „Müssen mit Straßenbahn zu Tatorten zuckeln“.

Wien. Von Wiener Polizisten ist seit Neuestem zu hören, dass ihnen zu wenig Dienstfahrzeuge zur Verfügung stehen. Auslaufende Leasingverträge würden nicht mehr verlängert. „Autos werden regelmäßig abgezogen, obwohl wir sie brauchen würden“, berichtet ein uniformierter Beamter aus einem Kommissariat der „Presse“.

Besonders groß ist die Aufregung bei Kriminalisten, die in den Bezirken ihren Dienst versehen. Denn in einigen Kommissariaten sollen dem Vernehmen nach auch Zivilfahrzeuge eingezogen worden sein. „Das geht jetzt schon so weit, dass manche Ermittler aus den Bezirken mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu Einvernahmen fahren müssen“, kritisiert ein Fahnder. „Das kann's doch nicht sein, dass wir, bepackt mit unseren Tatortkoffern, mit der Straßenbahn zur Nachbearbeitung eines Einbruchs zuckeln müssen“, empört sich ein anderer.

Ein Gewerkschafter ortet diesbezüglich gleich ein krasses Stadt-Land-Ungleichgewicht: „In ländlichen Gebieten kommen auf eine Inspektion mit mehr als acht Beamten zwei Dienstfahrzeuge, in Wien gibts Inspektionen mit 20 Beamten, die nur ein Auto haben.“

Von 872 auf 846 Autos

Auf die Frage, warum in Wien Dienstfahrzeuge nun kontinuierlich eingezogen werden, verweist die Wiener Polizei auf das Innenministerium. Dort wird zwar bestätigt, dass Bezirke seit einigen Monaten Polizeifahrzeuge abgeben müssen, zugleich heißt es aber ein wenig überraschend: „Es gibt in Wien keinen Engpass, sondern mehr Polizeifahrzeuge als noch vor einigen Jahren.“

Laut Karl-Heinz Grundböck, dem Sprecher des Innenministeriums (BMI), hat die ganze Diskussion ihren Ursprung in der Fußballeuropameisterschaft (EM) 2008, die in Österreich und der Schweiz stattgefunden hat. „Für den Polizeieinsatz bei der EM hat man viele neue Fahrzeuge angeschafft. Jetzt laufen die Leasingverträge aus, die Autos werden zurückgegeben“, erklärt Grundböck. In ganz Österreich gibt es, so das BMI, derzeit rund 4800 Fahrzeuge, die auf die Polizei angemeldet sind. Vor der EM 2008 verfügte Wien über 813 Polizeiautos. Nach Ende der EM gab es in der Bundeshauptstadt – bedingt durch die Neuanschaffungen – dann 872 Blaulichtfahrzeuge. „Ein Überhang, den wir jetzt abbauen“, sagt Grundböck. Mit Ende Mai waren in Wien dann 846 Polizeiautos gemeldet – „und somit mehr als vor der Fußball-EM“, so der BMI-Sprecher. Und mehr als vor der EM würden es auch in Zukunft bleiben. Bei welchem Stand man sich einpendeln werde, stehe aber noch nicht ganz fest.

Grundböck sieht in der Diskussion um die Dienstfahrzeuge viel Lärm um nichts: „Wer rasch ein Dienstauto braucht, kann natürlich auf einen bestehenden Pool zurückgreifen. Dennoch muss eines klar sein: Nicht jeder Wiener Polizist hat ein persönliches Recht auf sein eigenes Dienstfahrzeug.“ Zu den Klagen, dass Kriminalisten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu Einvernahmen fahren müssten, meint Grundböck: „Es ist Aufgabe der Führungskräfte in den Bezirken, die ihnen zugewiesenen Fahrzeuge richtig einzusetzen.“

Kottan-Szenen in Inspektion

Abseits der Zahlenspiele um Fahrzeuge sorgt aber auch das angeblich veraltete Büroinventar in mancher Inspektion für Diskussionen unter Polizisten. Besonders Bürosessel seien in einem besonders schlechten Zustand. Vor einigen Wochen soll in einer Inspektion ein Besucher auf einem derartig desolaten Stuhl Platz genommen haben – und mit ihm zusammengebrochen sein. „Was macht denn das bitte für ein Bild?“, ärgert sich ein Beamter.

Replik aus der Polizeidirektion: „Altes Inventar wird regelmäßig erneuert.“

Auf einen Blick

In der Wiener Polizei gibt es seit der Fußballeuropameisterschaft 2008 (bei der auch Wien Spielort war) laut Innenministerium zu viele Fahrzeuge. Da heuer viele Leasingverträge der damals angeschafften Autos enden, werden diese nicht mehr verlängert, die Fahrzeuge eingezogen. Kritiker meinen aber, der derzeitige Stand von 846Dienstfahrzeugen sei zu wenig für Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2012)

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