Die Goldsucher von Österreich: "Reich wirst nit"

Goldsucher oesterreich Reich wirst
Goldsucher oesterreich Reich wirst(c) AP (AARON FAVILA)
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Seit der Goldpreis schwindelerregende Höhen erreicht hat, ist auch in Österreich das Goldfieber ausgebrochen. Aus Mur, Mürz und Salzach kann man Gold waschen, hoch oben in Rauris auch.

Immer schwenken, mit kreisrunden Bewegungen, und ein wenig schräg halten, damit Wasser und Gestein abrinnen können. Langsam steigt die Nervosität, irgendwo im Dreck glitzert etwas, die Hand zittert ein wenig – einerseits vom langen Schwenken, andererseits aber zweifellos auch in freudiger Erregung. Und tatsächlich: Dort unten, am Boden der Pfanne, liegt Gold! Glitzernd, funkelnd, berauschend. Echtes Gold. „Glückwunsch“, sagt Peter, „das sind ganz sicher 40, 50 Cent.“

Na bitte. Man braucht nur einen sehr starken rechten Arm und ein paar Monate Zeit, um sich die Kosten für den Goldwaschkurs von 25 Euro wieder hereinzuschwenken. Aber das Gold ist hier in der Mur in der Steiermark vorhanden, und man könnte sich sicher am Goldfieber anstecken, vor allem, wenn man die Geschichten hört: Etwa die über die Gruppe von Mineraliensammlern, die 2006 bei Langenwang angeblich an einem einzigen Wochenende 800 Gramm Gold aus der Mürz holte. Nach heutigem Wert sind das 32.000 Euro.

Seit der Goldpreis Höhen erreicht wie einst nur die Bwin-Aktie (bevor sie wieder zusammenbrach), gehen überall auf der Welt Menschen hinaus in die Natur. Kein Fluss ist mehr sicher vor hoffnungsvollen Goldsuchern. Am Klondike an der Grenze zwischen Alaska und Kanada hat ein regelrechter Goldrausch eingesetzt, der an jenen Ende des 19.Jahrhunderts erinnert. Dank des hohen Preises sind jetzt nämlich wieder Abbaumethoden interessant, die vor einigen Jahren noch völlig unrentabel waren.

Und auch in Österreich suchen Menschen Gold. „Bei manchen siehst richtig das Glänzen in den Augen“, berichtet Theo Huber. „Die arbeiten den ganzen Tag ohne Pause durch. Man muss ihnen am Abend die Schaufel aus der Hand reißen, sonst hör'n die gar nimmer auf.“ Die finden aber auch weitaus mehr Gold, als wir aus der Mur gewaschen haben. „Zehn, 15 Euro werden's manchmal nach einem langen Tag schon sein.“


Goldsuchen als Wettbewerb.
Man sieht schon: Als Goldsucher wird man in Österreich nicht reich. Im Durchschnitt kommen auf eine Tonne Gestein etwa 0,3 Gramm Gold. Man müsste also mehr als drei Tonnen in einer Pfanne schwenken und kreisen, um etwa 40 Euro zu verdienen. Und das schafft nicht einmal der stärkste Mann der Welt. Die – auch hier wieder angebliche – Gruppe bei Langenwang habe nur deswegen so viel Glück gehabt, weil zuvor das Bachbett für den Bau einer Wehranlage umgegraben und so das über viele Jahrzehnte abgelagerte Gold herausgespült worden sei. Sagt man.

Auch Theo Huber würde wahrscheinlich nicht oben bei Rauris in Salzburg auf mehr als 1000 Meter Höhe mit Touristen Gold waschen, sondern hätte seine umfassenden Kenntnisse schon längst genützt, um sich eine Motorjacht in der Karibik zu erwaschen. „Reich wirst nit“, sagt Huber über das Goldwaschen, „aber es is a Spaß.“

Der Salzburger betreibt seit vier Jahren gemeinsam mit Hans Wochesländer einen Goldwaschplatz in der Goldberggruppe in den Hohen Tauern. Alles Flussgold Österreichs kommt von hier. Einst holte man zwölf Prozent des weltweiten Goldvorkommens aus dem Gebirge. Aber das war vor vielen hundert Jahren, und der letzte professionelle Goldsucher in den Tauern, Hans Schabauer, hat seinen Abbauplatz mit Förderschacht und Förderturm 1962 stillgelegt. „Der war sehr genügsam“, weiß Huber, „der hat nit viel zum Leben braucht.“

Geblieben ist das Goldfieber, das Huber seinen Unterhalt im Sommer garantiert (im Winter ist er Skilehrer). Hunderte Menschen lassen sich von ihm jedes Jahr in Rauris zeigen, wie man Gold wäscht. Für vier Euro bekommt man eine Pfanne, eine Schaufel und ein Glasröhrchen für die Fundstücke. Legt man vier Euro drauf, gibt Huber sogar eine „Goldfundgarantie“. Dann darf man an der Stelle suchen, an der er zuvor Gold, das er gefunden hat, in den Sand gemischt hat.

Nuggets, wie in Alaska und Kanada, findet man in den Tauern nicht. „Es ist Flitter“, erklärt Huber. Kleiner, feiner Goldstaub, der vom Wasser aus dem Gestein gewaschen wird. In den Flüssen wie der Mürz, der Mur, der Salzach findet man den Goldflitter hinter großen Steinen, die einen Wasserwirbel verursachen, der das schwere Gold zu Boden sinken lässt.

„Wo die Plätze sind, verrät man nicht. Das ist wie beim Schwammerlsuchen“, sagt Christian Wolf. Für ihn ist das Goldsuchen eine Erholung von seinem Hobby. Der 47-Jährige Niederösterreicher ist Goldwaschmeister und Obmann des Vereins „Die Waschbären“, dessen Mitglieder 2009 und 2010 den Weltmeistertitel im Goldwaschen für Österreich errungen haben.

Die 65 Waschbären finden immer Gold, aber nur fünf bis acht Stücke in 15 bis 20 Kilogramm Sand. Das sind die Wettbewerbsbedingungen der „World Goldpanning Association“, des Weltverbands der Goldwäscher. Wer die meisten Stücke am schnellsten findet, gewinnt. An diesem Wochenende messen sich die Goldwäscher in Himos in Finnland in der Europameisterschaft.


Der Stein der Weisen. „Es ist ein Spaß“, erklärt Wolf. Aber würde sich nicht gerade ein halb professioneller Goldwäscher leicht tun, Gold aus Österreichs Flüssen zu waschen? „Wir machen das schon. Aber nur, um zusammenzusitzen und es nett zu haben. Ums Geld geht's nicht.“

Vornehmlich ums Geld ging es den Herren, die um 1570 in Schloss Oberstockstall bei Kirchberg am Wagram in einem Nebenraum der Kapelle experimentierten: Die Alchemisten versuchten, aus minderem Metall Gold herzustellen. In kleinen Mengen durchaus erfolgreich, in großen Mengen nur mit raffinierten Tricks, wie Sigrid von Osten weiß. „Man versuchte, Elemente auseinanderzunehmen und dann richtig zusammenzusetzen, um Gold herzustellen. Das war denkbar, aber nicht machbar.“ Also blieben nur Betrügereien.

Von Osten hat 1980 das vollständig erhaltene und deshalb weltweit einzigartige Alchemisten-Labor ausgegraben und betreibt jetzt ein kleines Museum in Kirchberg. Sie ist ein Quell des Wissens, ein Vormittag mit ihr und man kann Gold herstellen – zumindest als Zauberer bei Kindergeburtstagen.

In den Hohen Tauern muss man kein Zauberer sein. Um etwas Fieber zu verbreiten: In der Goldberggruppe werden noch immer 120 Tonnen Gold vermutet. Es gibt auch Stollen, 150 Kilometer lang, die sich durch den Berg ziehen. Die Nazis haben die Eingänge einst gesprengt. Vielleicht liegt in den Stollen ja nicht nur Gold, sondern warten auch all die Schätze, die man im Toplitzsee nie gefunden hat . . .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2012)

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