"Fall Oliver": EU-Haftbefehl gegen Vater aufgehoben

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Symbolbild Justiz(c) Clemens Fabry
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Das Oberlandesgericht sieht keine Fluchtgefahr mehr, geht aber im Obsorgestreit um den Fünfjährigen Oliver von "strafbarer Selbstjustiz" aus.

Der europäische Haftbefehl wegen Kindesentziehung gegen den Vater des fünfjährigen Oliver ist vom Oberlandesgericht Graz aufgehoben worden. Die Staatsanwaltschaft Graz bestätigte am Montag einen diesbezüglichen Bericht der "Kronenzeitung", wies aber darauf hin, dass im Spruch gleichzeitig der Tatverdacht untermauert werde. Das OLG geht von "strafbarer Selbstjustiz" aus.

Oliver war am 3. April der Mutter vor einem Kindergarten in Graz-Eggenberg vom Vater und einem Helfer entrissen, in ein Mietauto gezerrt und nach Dänemark gebracht worden. Der auf diese Weise eskalierte Obsorgestreit mit wechselseitigen Vorwürfen der Kindesentziehung beschäftigt seither Behörden, Anwälte und Gerichte in beiden Ländern.

Keine Fluchtgefahr mehr

Wie Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, sagte, habe das Obergericht am 6. Juni der Beschwerde des Vaters bzw. seines Anwalts Folge gegeben und den EU-Haftbefehl aufgehoben. Es bestehe keine Fluchtgefahr mehr, der Mann sei sozial integriert und kooperiere mit den dänischen Behörden, denen sein Aufenthaltsort bekannt sei, lautete sinngemäß die Begründung.

Tatsächlich habe sich die Situation gegenüber dem Zeitpunkt der Ausstellung verändert, räumte Bacher ein: "Er hat sich über das Mittel der Rechtshilfe auch für eine Befragung unsererseits zur Verfügung gestellt." Darin gab er zwar den Vorhalt der Kindesentziehung zu, berief sich aber auf das ihm in Dänemark zuerkannte Obsorgerecht und die seiner Meinung nach zu Unrecht erfolgte Ausreise der Mutter mit dem Sohn.

Das OLG gehe aber ebenfalls von einer strafrechtlich relevanten Handlung aus, so Bacher. Das in Dänemark gültige Obsorgerecht sei irrelevant, die Rechtslage in Österreich musste dem Verdächtigen bekanntgewesen sein, sodass von einer "strafbaren Selbstjustiz" zu sprechen sei. Seitens der Staatsanwaltschaft seien die Erhebungen abgeschlossen, ausgenommen jener gegen den Komplizen, zu dessen Identität der Däne die Aussage verweigert habe. Zwar sei noch ein Einstellungsantrag anhängig, Bacher geht aber davon aus, dass es nach Absprache mit der Oberstaatsanwaltschaft demnächst zu einer Entscheidung über Anklage oder nicht kommen wird. Wird eine Anklage eingebracht, würde der Vater über den Rechtshilfeweg eine Ladung zur Verhandlung bekommen. Sollte er dieser nicht Folge leisten, stünde ein neuerlicher Haftbefehl im Raum.

(APA)

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