Zigarettenautomat im Rauchverbot

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Lokalaugenschein. Alles beim Alten: Das neue Tabakgesetz hat in Wiens Cafés und Restaurants wenig verändert.

Die Regelung habe „Löcher“, die Durchsetzungsmechanismen seien „knieweich“ und überhaupt: Im Land mit dem „liberalsten Rauchverbot in der EU“ werde „weitergequalmt“, Missbrauch sei „vorprogrammiert“. Die sprichwörtliche „österreichische Lösung“ in Sachen neues Tabakgesetz zog nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Häme deutscher Medien wie „TZ“ oder „taz“ auf sich. Zu Recht? Wie geht man eineinhalb Wochen nach dem Start in den Cafés, Bars, Gasthäusern mit aufmüpfigen Nichtrauchern, rücksichtslosen Rauchern, verwirrten Touristen um? „Die Presse“ hat Wiener Lokale und die Geduld ihrer Wirte getestet:
•„Kann man die Tür zumachen? Der Qualm zieht herüber.“ Die Frage sorgt im Café-Restaurant Rathausfür Verwunderung. Dass Nichtraucher darauf pochen, dass die Glasflügeltür, die ihren Bereich vom Raucherteil trennt, tatsächlich geschlossen wird, scheint der Kellnerin nicht oft zu passieren. „Da muss ich den Chef fragen.“ Der sitzt nebenan in der Raucherzone und schließt selbst die Tür: „Kein Problem.“ Aber nicht lange: Immerhin befinden sich WC, Küchenzugang und Zigarettenautomat (sic!) im Nichtraucherteil. Schließlich wird ein Flügel geöffnet. Weil: Die Raucher, die direkt vor der Tür saßen, seien weg. „Das geht so, oder?“
•Wieder unterwegs als Nichtraucher, diesmal im Gasthaus „Zu den 3 Hacken“. „Wo ist hier der Nichtraucherbereich?“ ist angesichts der sehr dezenten Beschilderung und der Tatsache, dass nur ein Durchgang die Raucher an der Schank und die Nichtraucher im Speisesaal trennt, eine berechtigte Frage. Die knappe Antwort: „Sie sitzen drin.“ Das zusätzliche rauchfreie Stüberl ist nämlich grad voll. Punkt. „Wir können im Gewölbe keine Tür einbauen“, sagt Inhaberin Josefine Zawadil auf Nachfrage. Wozu auch? „Die EU plant eh ein Verbot“ lautet ihr Argument, das man bei diesem „Presse“-Test öfter hört. Wobei Zawadil empfindlichen Gästen theoretisch auch einen Wechsel der Straßenseite anbieten könnte. In ihrem zweiten Lokal „Magazin“ gegenüber herrscht Rauchverbot.
•Was, wenn man ein deklariertes Raucherlokal wie das Café Rochus mit dem Hinweis betritt, man sei sehr rauchempfindlich? „Wir haben einen Nichtraucherbereich.“ Die Kellnerin zeigt freundlich auf einige Tische, die räumlich nicht vom (recht verrauchten) Rest des Lokals getrennt sind. Man sei aber wirklichempfindlich, und da ziehe schon viel Rauch herüber. Die Kellnerin stimmt zu („Vielleicht der Tisch da ganz hinten? Da spürt man am wenigsten.“) und erklärt: Ein separater Nichtraucherbereich sei erst 2010 vorgeschrieben. Bis dahin: „Übergangsfrist“, sprich: Alles wie gehabt. 90 Prozent der Rochus-Gäste seien Raucher, so Geschäftsführer Wolfgang Jappel. Dennoch werde man, wie gesetzlich vorgeschrieben, einen räumlich getrennten Nichtraucherbereich schaffen. „Nicht übermorgen“, sagt Jappel, „aber rechtzeitig bis Juni 2010.“
•In der kleinen LoosBar sind die Verhältnisse klar: „Raucherlokal“ steht auf einem großen silbernen Schild neben dem Eingang. Drinnen kann der Barkeeper das Anliegen – gibt es hier rauchfreie Plätze? – nicht nachvollziehen. „Zu einem Drink“, sagt er überrascht, „wollen die Gäste eine Zigarette.“ Nachsatz: „Sogar die Touristen aus den USA.“ Und wie ist das mit dem geltenden Rauchverbot? Die geduldige Erklärung: Als Lokal mit weniger Fläche als 50 m kann man weiter ein reines Raucherlokal bleiben. Stimmt.
•Und umgekehrt? Was passiert, wenn man sich in einer Nichtraucherzone einfach eine Zigarette anzündet (wofür – theoretisch – eine Geldstrafe fällig wäre, siehe unten)? In der Aida-Filiale am Stephansplatz lässt es die aufmerksame Kellnerin gar nicht so weit kommen. Kaum greift man in der Rauchverbotszone zur Zigarettenpackung, ruft sie ein aufgeregtes „Hallo! Hier ist Nichtraucherbereich“ durch das Café, eilt herbei und tippt auf das „Rauchen-verboten“-Pickerl, das auf dem Tisch klebt. „Aber da drüben dürfen Sie rauchen“, sagt sie und zeigt auf den Raucherbereich, der hier nahtlos anschließt und auch in der Nichtraucherzone für entsprechend verrauchte Luft sorgt. Auch in den 26 Aida-Konditoreien ist man über das schwammige Rauchverbot nicht glücklich. Filialen unter 50 m werden als Raucherlokale weitergeführt, für die größeren hat man Umbaupläne eingereicht. „De facto wird sich bei uns aber nichts ändern“, heißt es. Weil das „nicht leistbar“ sei. Und weil man auch bei Aida mit einem EU-weiten Rauchverbot rechnet und sich davor keine teuren Umbauarbeiten antun will.
•Komplett rauchfrei, und das schon seit 2007, ist das Café Griensteidl. Das Zigarettenpackerl am Tisch übersieht der Ober dezent, erst als man die Zigarette anzünden will, schreitet er freundlich ein. „Wir sind rauchfrei. Wegen der Touristen.“
•Zugegeben, auf der Eingangstür ist alles beschrieben. Sogar auf Englisch informiert das Café Central seine Gäste über die neue Gesetzeslage. Aber als Tourist muss man nicht jeden Zettel lesen und darf also noch einmal naiv nachfragen, wenn man Raucher- und Nichtrauchertische nebeneinander sieht: Man habe gedacht, in Österreich gebe es jetzt einen „ban on smoking“, ein Rauchverbot. „Not in all locations“, korrigiert die Kellnerin. Ach so. Laut Geschäftsführer Alfred Flammer ist es offen, ob das Café das Rauchen komplett verbieten wird oder sich – den inländischen Stammgästen zuliebe – zu einer dem Denkmalschutz entsprechenden räumlichen Trennung durchringt. Bis dahin gilt hier, was in Österreich nach wie vor gang und gäbe ist: Non-smokers here, smokers over there – Rauchverbot made in Austria halt. Glosse S. 35

AUF EINEN BLICK

Seit 1. 1. gilt das neue Tabakgesetz. Lokale ab 50 m müssen, sofern möglich, getrennte Raucher- und Nichtraucherräume schaffen. Da die Übergangsfrist erst Mitte 2010 endet, wird in den meisten Lokalen wie gehabt weitergeraucht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2009)

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