Rauchen bringt Schwermetalle schon in junges Blut

Die Medizinische Universität in Innsbruck untersucht die zellbiologischen Zusammenhänge von Zigarettenrauch, Gefäßveränderungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Würden Sie einen verbrannten Toast essen? Bei verbrannten Nahrungsmitteln weiß jedes Kind, dass sie dem Körper schaden – auch wenn sie unverbrannt doch gut für den Körper sind.

Handelt es sich um Zigarettenrauch, so interessiert es die Konsumenten weniger, dass die inhalierten Substanzen nur im unverbrannten Zustand von den Behörden zugelassen sind. „Den Zigaretten werden mehrere hundert Zusatzstoffe beigemengt, die als Nahrungszusätze zugelassen sind. Niemand hat je überprüft, was mit den Substanzen passiert, wenn sie verbrennen“, erklärt David Bernhard, Leiter des Herzchirurgischen Forschungslabors der Medizinischen Uni Innsbruck, dessen Team den Zusammenhang von Zigarettenrauch und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erforscht.

Weitere Schadstoffe im Rauch stammen vom verbrannten Zigarettenpapier und von Faserstückchen des Nitrozellulose-Filters. Die Hauptquelle der schädlichen Substanzen ist freilich die Tabakpflanze selbst: Tabak ist eine besonders gute „Phytoextraktions“-Pflanze, die Schwermetalle und andere Schadstoffe dem Boden entzieht und diese in ihren Blättern speichert. Bei anderen Pflanzen landen die Blätter nach ähnlichen Bodenreinigungsaktionen am Sondermüll; bei Tabak sind sie Hauptbestandteil der Rauchwaren. „Insgesamt sind über 4800 Substanzen im Zigarettenrauch enthalten“, weiß Bernhard. Diese gelangen in Gasform in die Lungen und von dort ins Blut. Schadstoffe, die im Speichel in Lösung gehen, werden auch geschluckt.

Die Forschungsfrage des Innsbrucker Labors entstand, als der Neurologe Michael Knoflach bei 17- und 18-jährigen Tirolern während der Stellungs-Untersuchung auch Gefäßwand-Veränderungen untersuchte. Die Ultraschall-Messungen zeigten, dass ein Großteil der jungen Männer, die Raucher waren, bereits an Gefäßwandverdickungen der Hals- und Oberschenkelschlagader litt – ein klassischer Vorbote von Arteriosklerose. „Der Zusammenhang von Rauchen, Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist schon lange bekannt“, so Bernhard.

17-Jährige mit Arteriosklerose-Vorboten

Doch im Gegensatz zu dem Wissen, wie die über 200 krebserregenden Substanzen aus Zigarettenrauch auf molekularer Basis wirken, wusste niemand, welche Inhaltsstoffe von Rauch die Gefäßveränderungen auslösen und welche molekularen Vorgänge dabei ablaufen. „Dabei sind die Folgen von Arteriosklerose, also die Herz-Kreislauf-Erkrankungen für mehr als 50 Prozent der Todesfälle in Österreich verantwortlich. Weltweit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Haupttodesursache überhaupt“, erklärt Bernhard. Die Innsbrucker gingen der Auswirkung des Rauches auf den Grund und entwickelten ein System, um Zigarettenrauch zu sammeln und in eine Lösung zu bringen, die dem Nikotingehalt des Blutes von Rauchern entspricht. Im Labor wurden Zellkulturen mit dem künstlichen Raucherblut umspült und die Wirkung auf die Zellen der Gefäßwand messbar gemacht.

„Mit Methoden der analytischen Chemie testeten wir Einzelsubstanzen und es zeigte sich, dass besonders Metalle zum Zelltod und zu Entzündungsreaktionen führten.“ Weitere Studien an Probanden und in Tiermodellen zeigten, dass eine hohe Konzentration vom Schwermetall Cadmium im Blut ein erhöhtes Risiko für Arteriosklerose darstellt. Auch bei Passivrauchern war der Cadmiumgehalt erhöht. Damit konnten die Innsbrucker erstmals auf zellbiologischer Basis zeigen, welcher Inhaltsstoff die Gefäße verändert – und fanden somit eine Erklärung für die epidemiologischen Daten der Bundesheer-Untersuchungen. vers

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2008)


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