Studie: Nichtraucherschutz funktioniert nicht

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Laut den neuesten Erkenntnissen einer Studie ist auch in abgetrennten Nichtraucherräumen die Feinstaubbelastung überdurchschnittlich hoch. Experten fordern als einzig mögliche Lösung ein generelles Rauchverbot.

Wien/Duö. Eigentlich sollte es um den Schutz der Nichtraucher gehen. Um jene, die in verqualmten Restaurants, Bars und Cafés passiv mitgeraucht haben. Das neue Tabakgesetz, das seit Juli 2010 gilt, sollte dem Einhalt gebieten. Geht es nach den neuesten Studien, die gestern in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) vorgestellt wurden, ist genau das misslungen.

In einer Studie hat sich der Diplomand Herbert Pletz von der MedUni der Frage gewidmet, ob mit dem neuen Tabakgesetz auch gewährleistet ist, dass Feinstaub die Nichtraucherräume nicht belastet. Pletz ist im vergangenen Jahr (von Februar bis Oktober) mit einem Feinstaubgerät „von Gastrobetrieb zu Gastrobetrieb getingelt“ und hat in insgesamt 112 Lokalen „inkognito und unangemeldet“ Feinstaubmessungen durchgeführt. Das erste Ergebnis ist wenig überraschend: In den Raucherbereichen war eine höhere Feinstaubkonzentration auszumachen, insgesamt rund zehn Mal höher als im Nichtraucherbereich.

Das zweite Ergebnis ist allerdings bedenklich: Die Feinstaubkonzentration ist im Nichtraucherraum stärker als draußen im Freien – insbesondere dann, wenn der Raucherraum angrenzt. Demnach beträgt die durchschnittliche Belastung im Freien 50 Mikrogramm pro Kubikmeter, in einem mittel belasteten Raucherlokal sind es 600 Mikrogramm. Am reinsten sei die Luft in einem Nichtraucherlokal. Die einzig mögliche Lösung vom gesundheitlichen Standpunkt sei daher ein absolutes Rauchverbot: „Es kommt zur Beschädigung von Unschuldigen, zum Beispiel dem Personal“, sagt Gerald Maurer, Vorstand der Kardiologischen Klinik der MedUni Wien.

Hanns Moshammer vom Institut für Umwelthygiene pflichtet ihm bei: Eine Stunde Mittagessen im Raucherbeisl hat dieselbe Feinstaubbelastung zur Folge, wie ein Tag in der schmutzigsten Stadt Amerikas. Für einen Kellner heißt das also, dass das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung um 20 Prozent steigt. Denn das neue Tabakgesetz ermöglicht den Gästen, dem direkten Tabakrauch zu entkommen; das Personal aber atmet trotzdem bis zu acht Stunden am Tag Rauch ein. Das Gesundheitsministerium verweist indessen auf die Regelung, dass der Hauptraum des Lokals der Nichtraucherraum sein muss; hier sollten sich auch vorwiegend die Kellner aufhalten, sagt Fabian Fußeis, Sprecher von Gesundheitsminister Alois Stöger (SP). Insgesamt zeigt man sich im Ministerium von der „österreichischen Lösung“ zufrieden: „Wir sehen schon, dass sich seit der Einführung des Tabakgesetzes etwas verbessert hat.“

„Insel der seligen Raucher“

Die Feinstaubpartikel an sich können unterschiedlicher Herkunft sein, von Dieselruß über Tabakrauch bis hin zu Heizungsabgasen. Gemeinhin bekannt und wissenschaftlich bewiesen ist hingegen, dass Feinstaubpartikel bei Dauerbelastung Asthma, Herz-Kreislauf-Beschwerden oder gar Lungenkrebs verursachen können.

Der Kardiologe Maurer betont zudem, dass ein generelles Rauchverbot die Herzinfarktrate drastisch reduzieren würde – zwischen zehn und 20 Prozent innerhalb eines Jahres. „Österreich ist eine Insel der seligen Raucher“, so Maurer weiter. Marianne Popp von der Akademie der Wissenschaften meint zu wissen, wie ein generelles Rauchverbot erwirkt werden kann: „Solange Sie nicht die ,Kronen Zeitung‘ dazu bringen, Nichtraucherlokale einzuführen, wird es auch nicht dazu kommen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2011)


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