1200 km pro Sekunde: Schnellster Stern der Milchstraße

Nordlicht vor dem Sternbild Grosser Wagen Grosser Baer Norwegen Namsos polar light in front of c
Nordlicht vor dem Sternbild Grosser Wagen Grosser Baer Norwegen Namsos polar light in front of c(c) imago/blickwinkel (imago stock&people)
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Mit 1200 Kilometern pro Sekunde ist der Stern im Sternbild Großer Bär unterwegs. Entdeckt wurde er vor zehn Jahren, gemessen konnte er erst jetzt werden.

Ein internationales Forscherteam ist dem schnellsten Stern der Milchstraße auf die Spur gekommen. Der rund 27.000 Lichtjahre entfernte Raser im Sternbild Großer Bär ist mit 4,32 Millionen Stundenkilometern unterwegs - das sind 1200 Kilometer pro Sekunde, wie die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) am Freitag mitteilte.

Der unscheinbare Stern US 708 ist so schnell, dass er die Milchstraße verlassen wird. Eine wichtige Rolle im ungewöhnlichen Leben des Rekordhalters spielte eine Supernova-Explosion, wie die Forscher jetzt in der Fachzeitschrift "Sciene" berichteten.

Vor zehn Jahren entdeckt, nun gemessen

Gemessen wurde die genaue Geschwindigkeit des bereits vor zehn Jahren entdeckten Schnellläufers von Wissenschaftlern um Stephan Geier von der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Garching, der Dr.-Karl-Remeis-Sternwarte der FAU sowie aus den Niederlanden, Großbritannien, den USA und China. "Die jetzt ermittelte Geschwindigkeit ist das Ergebnis unserer Messungen", sagte Geier der Nachrichtenagentur AFP.

Laut FAU kennen die Astronomen derzeit unter den 100 Milliarden Sternen unserer Milchstraße gerade mal zwei Dutzend ähnlich schnelle Sterne - doch so schnell wie US 708 ist keiner von ihnen. Üblicherweise entstehen die stellaren Raser, wenn sich ein Doppelstern dem supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße nähert und dabei zerrissen wird. Einer der Sterne fällt ins Schwarze Loch, der Partnerstern wird aus der Galaxie katapultiert und so zum Hochgeschwindigkeitsstern.

Flugbahn rekostruiert

Anders im Fall von US 708. Denn Geier und seinen Forscherkollegen konnten nun dessen Flugbahn rekonstruieren. Dabei kam heraus, dass der Temporekordler nicht aus dem Zentrum der Milchstraße stammen kann und damit das dortige Schwarze Loch als Katapult ausscheidet. Rätsel gab den Forschern zudem auf, dass US 708 anders als andere Hochgeschwindigkeitssterne aus Helium besteht. Heliumsterne sind laut FAU äußerst seltene, alte Sterne von nur halber Masse unserer Sonne.

Der Lösung des Rätsels näher kamen die Forscher durch die Entdeckung, dass sich US 708 viel schneller um seine Achse dreht als jeder andere bekannte Heliumstern. Dies deutet nach FAU-Angaben darauf hin, dass er einmal einen sehr nahen Doppelsternpartner hatte, dessen Gezeitenkräfte ihn wie einen Brummkreisel aufgezogen haben. Der Doppelsternpartner muss demnach ein Weißer Zwerg gewesen sein, ein sehr kompakter Stern von Erdgröße.

Explosion vor rund 14 Millionen Jahren 

US 708 und sein Doppelsternpartner kamen sich schließlich immer näher. Dabei entriss der Weiße Zwerg seinem Partner so viel von seiner Hülle, dass dessen Heliumkern sichtbar wurde und in der Folge Helium von US 708 zum Weißen Zwerg strömte. Bevor der Weiße Zwerg seinen Partnerstern komplett schluckte, explodierte der Zwergstern und wurde bei dieser sogenannten thermonuklearen Supernova komplett zerstört. "Diese Explosion hat sich vor rund 14 Millionen Jahren ereignet", sagte Geier.

Mit der Explosion des Weißen Zwergs fiel mit einem Schlag auch dessen Anziehungskraft auf US 708 weg. Dieser behielt seine ohnehin bereits immense Geschwindigkeit bei und wurde durch die Supernova sogar noch etwas beschleunigt. Seither ist er als schnellster Stern der Milchstraße unterwegs.

(APA/AFP)


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