Heftiger Streit unter slowakischen Bischöfen

PAPST BENEDIKT XVI.
PAPST BENEDIKT XVI.APA
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Der im Sommer abgesetzte Erzbischof Bezák hat sein vom Vatikan auferlegtes Schweigen gebrochen. Seit Monaten wurde spekuliert, dass er gehen musste, weil er einen innerkirchlichen Finanzskandal aufgedeckt habe.

Bratislava. Zwischen den slowakischen Bischöfen herrscht Streit. Sie bezichtigen einander der Lüge, der Intrige und des Amtsmissbrauchs bis hin zum Finanzbetrug. Noch vor einem halben Jahr präsentierte sich eine der einflussreichsten Landeskirchen Europas als verschworene Gemeinschaft. Doch diese Woche musste sogar die ansonsten eher zurückhaltende Bischofskonferenz eingestehen, dass der Haussegen schief hängt.

„Schmerzhafte Situation“

„Die katholische Kirche der Slowakei durchlebt eine schmerzhafte Situation. Die Herzen vieler sind aufgewühlt und von Verunsicherung erfüllt“, formulierte der Erzbischof von Bratislava und Vorsitzende der slowakischen Bischofskonferenz, Stanislav Zvolenský, im Namen aller Bischöfe – mit Ausnahme jenes Verstoßenen, der den ganzen Wirbel erst ausgelöst hatte: Der Anfang Juli aus heiterem Himmel abgesetzte Erzbischof von Trnava, Róbert Bezák, hatte sich ein knappes Jahr lang dem vom Vatikan erteilten Verbot, mit Medien in Kontakt zu treten, gefügt. Doch knapp vor Weihnachten konnte sich Bezák offenbar nicht mehr zurückhalten: Er gab gleich mehrere Interviews hintereinander.

Darin bestätigte er fast alles, worüber bisher nur spekuliert wurde: Er habe bis heute keine Begründung erfahren, warum er abgesetzt wurde. Und es sei richtig, dass er die inzwischen auch von Polizei und Staatsanwaltschaft ins Visier genommene dubiose Finanzgebarung der Erzdiözese Trnava unter seinem langjährigen Vorgänger Ján Sokol zu untersuchen begonnen habe: „Das konnte doch nicht in Ordnung sein, dass die Diözese so viele Konten hatte, auf denen Geld unklarer Herkunft hin- und hergeschoben wurde.“

Sokol war wegen seines autoritären Amtsverständnisses, seiner mutmaßlichen Stasi-Vergangenheit und seiner Sympathien für das faschistische Regime des Priesters und Präsidenten Jozef Tiso (1939–1945) Zielscheibe kritischer Medienberichte gewesen. Ausgerechnet die konservative Symbolfigur Sokol wurde 2009 (nach Erreichen der Altersgrenze) durch einen weltoffenen Theologen ersetzt. Während Sokol kaum ohne sein Bischofsornat vorstellbar war, trat Bezák immer wieder in Zivilkleidung an die Öffentlichkeit, debattierte mit Jugendlichen über Sexualität und gab sich als „Bischof mit menschlichem Antlitz“, wie ihn das tschechische Fernsehen CT jüngst porträtierte.

Machtwort aus dem Vatikan

Dementsprechend groß war der Aufruhr über seine Absetzung. Fast 12.000 Gläubige unterzeichneten eine Petition zu seinen Gunsten mit der Hauptforderung, endlich die Gründe für die Absetzung zu nennen. Protestkundgebungen reißen seit Monaten nicht ab. Sogar Papst Benedikt XVI. sah sich genötigt, in einem Brief an seine slowakischen Schäfchen klarzustellen, er selbst habe „nach reiflicher Überlegung und Gebeten“ die Entscheidung getroffen.

Damit widerlegte er (ohne allerdings seine Gründe zu erklären) die allgemeine Annahme einer Intrige der Bischöfe gegen Bezák. Nun fordern die slowakischen Bischöfe von Bezák eine Entschuldigung dafür, dass er trotz Aufforderung des Papstes nicht sofort das Feld räumte. Zudem habe er mit seinen medialen Auftritten erst recht wieder eine Strafe verdient.

Auf einen Blick

Der im Juli abgesetzte Erzbischof von Trnava, Róbert Bezák, hatte sich ein knappes Jahr lang dem vom Vatikan erteilten Verbot, mit Medien in Kontakt zu treten, gefügt. Nun gab er mehrere Interviews, in denen er unter anderem behauptete, er habe die dubiose Finanzgebarung der Erzdiözese unter seinem Vorgänger zu untersuchen begonnen, bevor er abgesetzt wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)

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