Wie aus den Sterndeutern drei Heilige Könige wurden

Sterndeutern drei Heilige Koenige
Sterndeutern drei Heilige Koenige(c) FABRY Clemens
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Die Sterndeuter werden im Neuen Testament kurz erwähnt – erst später haben sie ihre nunmehrige Gestalt angenommen. In verschiedenen Variationen taucht bisweilen auch die Legende des vierten Königs auf.

In jenen Zeilen, in denen die Geschichte der Heiligen Drei Könige erstmals erwähnt wird, sind die Heiligen Drei Könige weder heilig, noch drei, noch Könige. „Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war“, steht im Matthäusevangelium des Neuen Testaments, „kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden?“ König Herodes erschrak und sagte den Sterndeutern, sie sollten in Betlehem das Kind suchen und ihm anschließend Bericht erstatten. Die Sterndeuter fanden das Kind und brachten ihm Gold, Weihrauch sowie Myrrhe als Gaben. Zu Herodes gingen sie allerdings nicht mehr zurück – das war ihnen im Traum geboten worden.

Basierend auf dieser Erzählung wird am 6. Jänner in der katholischen Kirche das Fest der Erscheinung des Herrn (auch Epiphanias oder Dreikönigstag genannt) gefeiert. Auch basierend auf dieser Erzählung hat sich der Sternsingerbrauch gebildet, wobei sich zumeist Kinder als die Drei Könige verkleiden (ein vierter trägt bisweilen den Stern), von Tür zu Tür ziehen, singen, Spenden für wohltätige Zwecke sammeln und mit der Aufschrift „C+M+B“ auf der Eingangstür das Haus weihen. Zwischen den Zeilen im Matthäusevangelium und diesem Brauch liegen nicht nur zwei Jahrtausende, sondern auch unzählige Legenden und Mythen über das Leben und Wirken der Sterndeuter aus dem Osten, aus denen die Heiligen Drei Könige wurden.

Im Neuen Testament werden die Sterndeuter nicht weiter erwähnt. Nur Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben und Geschenke tauchen in der Bibel öfter auf, vermutlich hat auch ein Vers in Psalm 72 des Alten Testaments („Der verheißene König“) dazu beigetragen, dass die Sterndeuter zu Königen wurden: „Die Könige von Tarschisch und von den Inseln bringen Geschenke, die Könige von Saba und Seba kommen mit Gaben.“ Aus dem 3.Jahrhundert ist überliefert, dass der Gelehrte und Theologe Origenes die drei Geschenke drei Sterndeutern, die aufgrund ihrer Beschreibung als „magoi“ auch als Magier bezeichnet wurden, zuschrieb.

Die Erzählung im Matthäusevangelium fand zunächst in jenen Apokryphen – also Texten, die beispielsweise aufgrund ihrer unzuverlässigen Authentizität nicht in den biblischen Kanon aufgenommen wurden – Beachtung, die in arabischen Ländern und Armenien Verbreitung fanden. Hier bekommen die Sterndeuter Namen und Königreiche. In einer Erzählung sind sie Brüder, in einer anderen heißen sie Hormzid, Jazdegerd und Peroz, in einer anderen Melkon, Balthasar und Kaspar – und herrschen über Persien, Indien und Arabien. Ihr Aussehen dürften die Könige indessen dem angelsächsischen Geschichtsschreiber und Benediktinermönch Beda Venerabilis verdanken (7. Jahrhundert).

Laut seiner Beschreibung ist Melchior ein Greis, Caspar ein bartloser Jüngling und Balthasar ein Mann mit dunklen Haaren. Beda Venerabilis sah in den drei Sterndeutern auch die ersten Christen. Ein Gedanke, den der Dominikaner und Theologe Thomas von Aquin im 13. Jahrhundert ebenfalls aufgriff: „Die Magier sind die Erstlinge der Heiden, die an Christus glauben.“ Der Karmelitermönch Johannes von Hildesheim beschreibt die Könige ebenfalls genauer. Er hat im 14. Jahrhundert viele Elemente der Legende in seiner Schrift „Historia trium regum“ („Die Geschichte der drei Könige“) zusammengefasst – die Verbreitung derselben hat zur Popularität der Erzählung beigetragen. Nach Hildesheims Darstellungen herrschen die Könige über drei Länder, die er allesamt Indien nennt. Sie machen sich, nachdem sie den Stern sehen, unabhängig voneinander auf den Weg, mit einem „Überfluss an Rindern, Kleinvieh und Lasttieren, an Lagern, Geräten und allem Nötigen.“

Die Hautfarbe wird dunkler. Laut Hildesheim ist Melchior ein kleiner Mann, Balthasar mittelgroß und Caspar „war der Größte unter ihnen; er war ein schwarzer Äthiopier.“ Caspars Hautfarbe wurde erst im Laufe der Zeit dunkler – besonders dann, wenn die drei als Vertreter dreier Kontinente aufgefasst werden; Caspar stammt demnach aus Afrika. Am aufschlussreichsten lässt sich die Entwicklung der Dreikönigslegende wohl an den bildlichen Darstellungen nachvollziehen. Frühe Malereien (etwa in Katakomben) zeigen entweder zwei oder vier Magier, im 10. Jahrhundert sind es dann drei Könige mit Kronen und Namen.

Sie werden entweder einzeln, zu dritt, auf ihrer Reise, oder auch in Verbindung mit der Geburt Christi dargestellt. Auf manchen Bildern entsprechen sie der Beschreibung Beda Venerabilis, auf anderen sehen sie irgendwie gleich aus. Manchmal werden sie spartanisch dargestellt, andere Male (besonders bei Renaissance-Malern wie Pieter Bruegel d. Ä., Fra Angelico, Sandro Botticelli) recht opulent.

In verschiedenen Variationen taucht bisweilen auch die Legende des vierten Königs auf. Dieser nimmt als Gabe drei Edelsteine mit, bleibt unterwegs aber hinter den anderen zurück und hilft mit den Edelsteinen den Armen und Kranken. Auch wenn er dem Stern unbedingt folgen will, seine Hilfe erfüllt ihn ebenfalls. Als er im hohen Alter doch noch nach Jerusalem kommt, wird Jesus gekreuzigt; der vierte König stirbt mit ihm.

Unterschiedlich sind auch die Angaben darüber, wann der Stern den Königen erschienen ist – und wie lange sie für den Weg gebraucht haben. Nach einer persischen Erzählung schaffen sie den Weg in einer Nacht, in anderen Erzählungen brauchen sie 13 Tage und sind nach der Geburt Jesus am 6. Jänner dort. Nun hat sich aus diesen Legenden das Brauchtum des Sternsingens im Gegenzug für finanzielle Spenden entwickelt, das erstmals in Salzburg im 16. Jahrhundert dokumentiert wurde. Die Segensformel C+M+B – in Verbindung mit der Jahreszahl – geht indessen auf die Bezeichnung „Christus mansionem benedicat“ („Christus segne das Haus“) zurück, wird aber auch als die Anfangsbuchstaben der drei Könige interpretiert. Das Sternsingen verbreitete sich vor allem ab dem 16. Jahrhundert, als Antwort auf die Reformation und der damit verbundenen Kritik am Dreikönigsfest.

Eine besondere Rolle bei der Verehrung der Drei Könige nimmt die Stadt Köln ein. Hierher wurden im 12. Jahrhundert die vermeintlichen Überreste der Könige gebracht – die Reliquien werden im Dreikönigenschrein im Kölner Dom aufbewahrt. Die Geschichte dieser Reliquien zeichnet sich im Übrigen vor allem durch eines aus: zahlreiche Legenden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2013)

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