Papst Schönborn? „Alles ist möglich“

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Kardinal Christoph Schönborn würdigt Benedikt XVI. und rechnet vor Ostern mit einem Nachfolger. Die neuen Bischöfe werden wohl schon vom nächsten Papst ernannt.

Wien/Pri. Die Nachricht vom Rücktritt des Papstes erreichte Christoph Schönborn am späten Montagvormittag, kurz vor Mittag, wie der Kardinal sagte: Er habe gerade die anthropologische Sammlung im Naturhistorischen Museum besichtigt, als ihm ein Sekretär einen entsprechenden Medienbericht auf dem Handy zeigte.

Seither schwanke er zwischen „Bewunderung für den Mut und die Demut“ des scheidenden Papstes – und „Bedauern, weil ich ihn persönlich sehr schätze“, sagte der Wiener Erzbischof drei Stunden später bei einer Pressekonferenz im Club Stephansplatz, der bis auf den letzten Platz gefüllt war. Der Papst, den er seit 41 Jahren kenne und schätze, habe einen „emotional sehr einschneidenden Schritt gesetzt, der mich sehr bewegt hat“, gestand Schönborn, vor einem Bild sitzend, das ihn gemeinsam mit dem Pontifex zeigt.

Auf Personalspekulationen wollte sich der Kardinal vorerst nicht einlassen. Welche Eigenschaften der nächste Papst in sich vereinen müsse? Gott habe seine Entscheidung längst getroffen – die Kardinäle müssten im Konklave bloß herausfinden, auf wen die Wahl gefallen sei. Ob auch er zum Kreis der möglichen Nachfolger zähle? „Alle, die ins Konklave gehen, können auch gewählt werden. Aber das ist jetzt nicht das Thema.“

Ähnlich kryptisch hat Schönborn diese Frage zuvor in einem ORF-Fernsehinterview beantwortet: „Mein Herz ist in Wien, mein Herz ist in Österreich – aber natürlich auch bei der ganzen Kirche.“ Fest stehe nur, dass es im März einen Nachfolger geben werde.

„Auf das Wesentliche besonnen“

Am Montag ging es dem Kardinal vorwiegend darum, den scheidenden Papst zu würdigen. Schönborn lobte die „Klarheit“, mit der Benedikt XVI. das Thema „sexueller Missbrauch in der Kirche“ aufgegriffen habe. Im Fall der Pius-Bruderschaft habe Joseph Ratzinger versucht, einen „Weg der Versöhnung“ zu gehen, um einen endgültigen Bruch zu verhindern.

Benedikt habe sich immer „auf das Wesentliche besonnen“, indem er es von den „bloßen Zeitumständen trennen wollte“, befand der Wiener Erzbischof. Darum werde es auch in Zukunft gehen: In Europa suche die Kirche ein neues Verhältnis zu einer säkularisierten Gesellschaft. In vielen Ländern Asiens und Afrikas erlebe sie zugleich einen ungeheuren Aufbruch. Hier müssten die kirchlichen Weichen gestellt werden, forderte Schönborn. „Benedikt hat nun klargemacht, dass dies Aufgabe für einen Papst im Vollbesitz seiner Kräfte sein muss.“

Ob er hinter dessen Entscheidung die typisch deutsche Rücktrittskultur vermute? „Also eine typisch österreichische Kultur ist es jedenfalls nicht“, scherzte Schönborn. Er wolle sich diesbezüglich allerdings nicht festlegen, zumal es sich dann doch um eine „sehr persönliche Entscheidung“ handle.

„Großer Freund Österreichs“

Dann würdigte er Joseph Ratzinger als „großen Freund Österreichs“ – das habe sich besonders bei seinem Besuch im Jahr 2007 gezeigt. Noch am vergangenen Donnerstag habe er mit dem Papst ein kurzes Gespräch in Rom geführt: „Ich war beeindruckt, wie gut ihm die österreichische Situation bekannt ist.“

Dass die drei vakanten Bischofsämter in Österreich – konkret in Salzburg, Feldkirch und Graz-Seckau – noch unter Benedikt besetzt werden, glaubt Schönborn jedoch nicht. Er wisse zwar, dass die Dossiers zur Ernennung schon „sehr weit fortgeschritten“ seien – aber eine Entscheidung unter Ratzinger sei unwahrscheinlich: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass dies in den wenigen Tagen bis zum 28. Februar möglich sein wird.“ Namen nannte Schönborn keine.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2013)

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