Vor Papstwahl wollen Kardinäle Skandalbericht sehen

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Fast alle Kardinäle sind schon da: In Rom haben die vorbereitenden Gespräche fürs Konklave begonnen. Vor der Abstimmung fordern Würdenträger Einsicht in einen 300-seitigen Ermittlungsbericht zu "VatiLeaks".

Rom. „Sehr entspannt, sehr konstruktiv und unter großem Willen aller, aktiv teilzunehmen.“ So, sagt der Pressesprecher des Vatikans, Federico Lombardi, hätten am Montag die vorbereitenden Gesprächen fürs Konklave begonnen. Von den 117 zur Papstwahl berechtigten Kardinälen waren zu Gebet, Vereidigung und Kurzdiskussion bereits 103 anwesend.

Dazu stießen 39 Würdenträger, die das 80. Lebensjahr überschritten haben und deswegen nur mehr zu den Beratungen, nicht aber zum Konklave zugelassen sind. Ein „falscher“ wollte sich unter die Kardinäle mischen. Die Sicherheitskräfte erkannten ihn schnell: Sein Bischofsgewand war zu kurz.

Zwei Kardinäle hingegen verzichten: der Erzbischof von Jakarta, Julius Riyadi Darmaatmadja, aus gesundheitlichen und Keith O'Brien (Edinburgh) aus moralischen Gründen. Dem 75-Jährigen wurden zunächst „unziemliche Annäherungen“ an junge Kleriker vorgehalten, die sich vor Jahrzehnten abgespielt haben sollen. Was O'Brien am Sonntag aber einräumte, ging darüber hinaus: „Es hat Momente gegeben, in denen mein Sexualverhalten unter die von mir selbst als Priester, Erzbischof und Kardinal geforderten Standards gesunken ist.“ Demnach gab es bei O'Brien also auch Fehlverhalten in jüngerer Zeit.

Ein anderer kritischer Punkt vor und im Konklave sind die Skandale an der römischen Kurie. Verschiedene Kardinäle haben bereits erklärt, sie kennten die Vorwürfe nur aus der Zeitung und wollten in Rom vor der Wahl eines neuen Papstes umfassend informiert werden. Das geschieht nun offenbar unter der Hand.

Der angeblich 300-seitige Skandalbericht, den eine Ermittlungskommission aus drei Kardinälen für Papst Benedikt XVI. erstellt hat, soll nach dessen Willen versiegelt an den Nachfolger übergeben werden. Pressesprecher Lombardi aber sagte, die drei Kardinäle „werden schon wissen, in welchem Umfang sie denjenigen Amtsbrüdern Informationen geben dürfen und müssen, die sie auf der Suche nach einem neuen Papst danach fragen“.

„Mutig und gesund“ soll er sein

Eine allgemeine Aufklärung scheint nicht mehr vorgesehen zu sein. Gleiches gilt für Pläne zur Kurienreform, die Benedikt XVI. nicht hat durchsetzen können oder wollen.

Unter den Vorstellungen der verschiedensten Kardinäle ragt nach einer ersten Übersicht über die Pressemeldungen aus aller Welt der Wunsch nach einem „führungsstarken“, „gesunden“, „mutigen“ Papst heraus. Nur gehen die Meinungen auseinander, ob dieser dafür jung (also unter 60 Jahre) oder eher reifer (also Mitte/Ende sechzig) sein sollte. Ferner wird ein menschlich weiter Horizont verlangt, vor allem mehr Beachtung oder Repräsentanz Lateinamerikas. Ferner macht sich der Wunsch nach einer weniger zentralistischen als verstärkt kollegialen Kirchenleitung breit. Die Kardinäle, die aus der Weltkirche anreisen, bemerken zudem den deutlichen Versuch der Italiener, nach 35 Jahren wieder einen der Ihren zum Papst zu machen.

Ob bereits ein Termin für den Beginn der eigentlichen Papstwahl vorgeschlagen worden ist, dazu schwieg Lombardi.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2013)

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