Konklave-Beginn: "Zum obersten Priester wähle ich..."

Sonnenuntergang vor dem Tag des Konklaves hinter dem Petersdom in Rom.
Sonnenuntergang vor dem Tag des Konklaves hinter dem Petersdom in Rom.(c) REUTERS (PAUL HANNA)
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In der Sixtinischen Kapelle beginnt am Dienstag das 75. formelle Konklave der Kirchengeschichte. Die 115 Kardinäle hoffen, sich in drei Tagen auf ein neues Kirchenoberhaupt geeinigt zu haben.

Ihre Zimmer im vatikanischen Gästehaus „Zur heiligen Martha“ beziehen sie am Dienstagvormittag, die Sixtinische Kapelle am Dienstagachmittag: Die 115 zur Papstwahl berechtigten Kardinäle beginnen mit dem Konklave.

Die Wahl des Ortes. Saßen sie bei ihren zehn Generalversammlungen streng nach hierarchischer Rang- und Weiheordnung, so sind sie in der Unterkunft nächst Sankt Peter alle gleich: Die Zimmer wurden den Kardinälen per Los zugeteilt, damit sich keiner benachteiligt fühlt. Schließlich haben nicht alle Räume einen Blick auf den Dom. Die Sixtinische Kapelle wiederum, die hat Johannes Paul II. 1996 zum festen Ort einer Papstwahl bestimmt, weil dort „alles dazu beiträgt, das Bewusstsein der Gegenwart Gottes zu fördern, vor dessen Angesicht ein jeder eines Tages treten muss, um gerichtet zu werden.“

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Johannes Paul II. hatte in erster Linie natürlich Michelangelos „Jüngstes Gericht“ vor Augen, das von der Altarwand aus formatfüllend den Raum beherrscht. Dadurch, dass nun eigens für das Konklave der Fußboden mit einer Bühne aus Stahl und Holz um einen guten halben Meter angehoben worden ist – man wollte den buckligen historischen Boden und diverse Stufen als Stolperfallen ausschalten –, wirkt Michelangelos endzeitlicher Figurenwirbel sogar noch näher und bedrängender.

Zeitplan.
Wenn der vatikanische Fachmann Ambrogio Piazzoni richtig gezählt hat – was in den Wirren der Historie nicht eben einfach ist –, beginnt am Dienstag nun also das 75. reguläre Konklave der Kirchengeschichte, das 25. in der Sixtinischen Kapelle.

Genau genommen beginnt die Prozedur am Dienstagvormittag im Petersdom, wo sich alle Kardinäle zur gemeinsamen Messe „für den zu erwählenden Papst“ versammeln. Gegen 16.30 Uhr ziehen sie in feierlicher Prozession innerhalb des Apostolischen Palasts zur Sixtinischen Kapelle. Dort schwören sie noch einmal strengste Geheimhaltung, dort hören sie aus dem Mund eines Altkardinals eine – laut Johannes Paul II. – „wohlüberlegte Betrachtung über die Lage der Kirche und die erleuchtete Wahl des neuen Papstes“.

Anschließend ruft der vatikanische Zeremonienmeister sein berühmtes „Extra omnes!“, „Alle raus!“; das hohe, schwere Holzportal der Sixtina schließt sich auch für die Fernsehkameras, und die Kardinäle bleiben für den ersten Wahlgang unter sich.

KonklaveBeginn obersten Priester waehle
KonklaveBeginn obersten Priester waehleAPA


Streng abgeschirmt.
Überhaupt bleiben Wahllokal und Gästehaus für die Dauer des Konklaves streng abgeschirmt: Nicht nur, dass die Vatikanpolizei alle Leute abhält, die mit den Kardinälen ins Gespräch kommen wollen; Störsender sollen auch verhindern, dass Handy- und andere Funksignale hinein- oder herausdringen. Experten haben die Sixtinische Kapelle außerdem auf Wanzen untersucht und gegen sonstige Hightech-Lauschangriffe gesichert. Die Nutzung von Medien ist den Kardinälen untersagt, bis der neue Papst dem Volk offiziell vorgestellt ist – und jener päpstliche Zeremoniar, der 2005 den Namen Ratzingers ein paar Minuten vorher per SMS „exklusiv“ an einen deutschen Nachrichtensender verraten hat, war seinen Job ziemlich schnell los.

KonklaveBeginn obersten Priester waehle
KonklaveBeginn obersten Priester waehle(c) APA

Wahlgänge. Von Mittwoch an gibt es also jeden Vormittag und jeden Nachmittag jeweils zwei Wahlgänge. Bleiben sie erfolglos, dann steigt am Ende jeder Sitzung schwarzer Rauch aus dem Giebel der Sixtinischen Kapelle auf – täglich gegen 12 und gegen 19 Uhr. Weißer Rauch hingegen als Zeichen einer geglückten und vom Beglückten angenommenen Wahl wird ohne Verzögerung in die Luft geblasen, also auch gegen 11 und gegen 18 Uhr.

Geheime Wahl. Die Wahl erfolgt geheim. Jeder Kardinal schreibt – nach der Anordnung Johannes Pauls II. – „in verstellter, aber deutlicher Schrift“ den Namen dessen, „von dem er glaubt, dass er nach Gottes Willen gewählt werden soll“, auf einen Zettel. Dieser trägt die lateinische Aufschrift „Zum obersten Priester wähle ich...“ („Eligo in Summum Ponteficem“), wird zweimal gefaltet und in die Urne aus Bronze und Silber gelegt, die sich auf dem Altar der Sixtina befindet, exakt zu Füßen des „Jüngsten Gerichts“.

Zweidrittelmehrheit.
Gewählt ist, wer mindestens zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinigt. Bei 115 Wahlmännern sind das 77. Sollten diese bis Freitagabend nicht zusammenkommen, ist am Samstag erst einmal Pause. Die Stimmzettel werden nach jeder Wahlsitzung in einer Art Kanonenofen noch in der Sixtinischen Kapelle verbrannt. Damit die Farbe des Rauchs von außen auch deutlich erkennbar wird – 2005 war genau das nicht der Fall –, sorgen chemische Stoffe in einem zweiten Ofen für düsteres Schwarz oder strahlendes Weiß.

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KonklaveBeginn obersten Priester waehleAPA


Zeitraum.
Wie lange dieses Konklave dauern wird, weiß niemand. Weil die Kardinäle aber möglichst schnell nach Hause wollen, hoffen sie auf ein eher kurzes Verfahren. Anhaltspunkte könnte die Wahl Karol Wojtylas bieten, der als Pole und nur 58-jähriger Außenseiter 1978 acht Wahlgänge brauchte, um zu Johannes Paul II. zu werden; Benedikt XVI. hingegen stand 2005 innerhalb von 24 Stunden, nach dem vierten Wahlgang, fest. Aber Joseph Ratzinger galt ja auch als „geborener“ Nachfolger Wojtylas. Vergleichbare Favoriten sind diesmal nicht in Sicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2013)

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