Syrische Bischöfe entführt: Rätselraten über Freilassung

Die beiden entführten Bischöfe Yazigi (li.) und Ibrahim (re.).
Die beiden entführten Bischöfe Yazigi (li.) und Ibrahim (re.).(c) EPA (SANA HANDOUT/Montage)
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Die Geistlichen waren am Montag von Unbekannten am Weg nach Aleppo verschleppt worden. Christliche Minderheiten sind immer mehr betroffen.

Ungewissheit herrschte am Mittwoch über den Verbleib der am Montag im Norden Syriens entführten Bischöfe, die nach Kirchenangaben am Dienstag angeblich wieder freigelassen wurden. Dies hatten mehrere Nachrichtenagenturen unter Verweisen auf Kirchenkreise in Syrien und Rom gemeldet. Vertreter der griechisch-orthodoxen Kirche dementierten am Mittwoch aber eine Freilassung. Anderen Quellen - wie dem britischen Nachrichtensender BBC - zufolge, klagten Familienmitglieder weiterhin, dass sie nichts über den Aufenthaltsort der beiden Geistlichen wüssten. Ob sie wirklich befreit wurden, sei demnach unklar, berichtete BBC.

Papst Franziskus hat die Freilassung der beiden in Syrien entführten orthodoxen Bischöfe gefordert. Er bete für ihre baldige Rückkehr, sagte der Papst laut Kathpress am Mittwoch bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz. Zugleich rief er die Konfliktparteien in Syrien erneut zu einer Beendigung des Blutvergießens auf. Es müsse eine politische Lösung gefunden werden. Zudem bedürfe es humanitärer Hilfe für die Bevölkerung.

Die beiden hohen Geistlichen waren am Montag von Unbekannten im nordsyrischen Aleppo verschleppt worden, niemand bekannte sich zunächst zu der Tat. Die Entführung der Bischöfe der syrisch-orthodoxen Kirche in Aleppo, Mar Gregorios Yohanna Ibrahim, und der griechisch-orthodoxen Kirche, Bulos (Paul) Yazigi (Jasidschi), hatte große Besorgnis in der Kirche ausgelöst.

Diakon getötet, Bischöfe entführt

Die Bischöfe waren am Montag von Bewaffneten verschleppt worden. Ihr Fahrer, ein Diakon, wurde getötet. Die Geistlichen wurden in einem von Rebellen kontrollierten Gebiet westlich von Aleppo angegriffen. Die Freie Syrische Armee distanzierte sich von der Entführung. Es wird vermutet, dass eine von Ausländern gegründete Islamisten-Brigade dafür verantwortlich ist. Die syrisch-orthodoxe Diözese erklärte, bei den Entführern handle es sich um "tschetschenische Dschihadisten", ohne allerdings Angaben zu machen, worauf diese Aussage beruhte.

Nach Angaben des Aramäischen Weltrates mit Sitz in Schweden hatten die Entführer der beiden Bischöfe mit den betroffenen Kirchen in Syrien Kontakt aufgenommen. Die Kidnapper forderten kein Lösegeld, hieß es, sondern die Freilassung von Rebellen. In die Bemühungen um die Freilassung der Bischöfe waren auch der UNO-Sondergesandte Lakhdar Brahimi und der griechische Außenminister eingeschaltet.

Christen immer mehr betroffen

Entführungen durch bewaffnete Banden sind inzwischen an der Tagesordnung. Sie treffen immer häufiger auch Angehörige der christlichen Minderheit, zu der acht bis zehn Prozent der 23 Millionen Einwohner gehören. Meist gelingt es Verwandten, die Opfer mit Lösegeld freizukaufen.

Die Christen haben lange versucht, sich so gut es ging aus dem blutigen Machtkampf herauszuhalten. Viele von ihnen fürchten, Syrien könnte nach dem Sturz Assads zu einem islamistisch-sunnitischen Staat werden, in dem ihre Minderheitenrechte nicht mehr garantiert sind. Als warnendes Beispiel gilt ihnen der Massenexodus der irakischen Christen nach dem Sturz Saddam Husseins.

Erzbischof Ibrahim stand Assads Regime weitgehend loyal gegenüber und beschwor die Christen, Syrien nicht zu verlassen. Bischof Yaziji warnte in einem Interview, der Arabische Frühling dürfe die religiöse Vielfalt im Nahen Osten nicht gefährden. „Was ist ein Frühling ohne Farbenpracht – verglichen mit den Nebelschleiern im Winter“, sagte er. Vielfalt sei ein Reichtum, farblose Einförmigkeit dagegen eine Zeitbombe, die irgendwann auch ihre Besitzer töte.

Viele altchristliche Religionen in Aleppo

Aleppo beherbergt Gläubige aus vielen altchristlichen Gemeinschaften. So ist die historische nordsyrische Stadt Sitz eines syrisch-orthodoxen, griechisch-orthodoxen, römisch-katholischen, armenisch-katholischen und eines griechisch-katholischen (melkitischen) Bischofs. Einer der entführten Bischöfe, Mar Gregorios, hatte bei einem Aufenthalt in Wien im vergangenen November erklärt, massive Kräfte in Syrien seien an einer Vertreibung der Christen aus ihrer historischen Heimat interessiert. "Wir sind völlig erschöpft." Sein Leben sei in Gefahr, er wolle aber bei seiner Gemeinde ausharren.

Bis zu zehn Prozent der mehr als 20 Millionen Einwohner Syriens sind Christen. Darunter sind die Griechisch-Orthodoxen mit rund 500.000 Gläubigen und die Katholiken mit 420.000 die größten Gruppen.

(APA/dpa/AFP/mg)

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