Schönborn sieht "Verbesserungspotenzial" im Asylwesen

Kardinal Christoph Schönborn spricht sich erneut für eine Reform der römischen Kurie aus.
Kardinal Christoph Schönborn spricht sich erneut für eine Reform der römischen Kurie aus.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Die Menschen hätten ihre Heimat nicht "aus Jux und Tollerei" verlassen. Die Grundstimmung in der Kirche hätte der neue Papst "zum Guten gewendet".

Kardinal Christoph Schönborn sieht Reformbedarf in der römischen Kurie. Die letzten großen Änderungen habe es vor 40 Jahren gegeben, sagte der Erzbischof von Wien im Interview mit der Austria Presse Agentur am Rande der Vollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell - "das bedarf eines neuen Blicks". Im Verhältnis zu kirchenkritischen Organisationen sieht er mittlerweile Entspannung, in Papst Franziskus sieht er einen Hoffnungsträger, dessen angebliche Aussagen über Seilschaften will er nicht kommentieren. Aber: "Die Grundstimmung in der Kirche hat sich wirklich zum Guten gewendet."

"Wenn die Fiaker am Stephansplatz ein Indikator für die Meinung der Menschen in unserem Land sind, dann ist dieser Papst sehr beliebt", sieht Schönborn die römisch-katholische Kirche auf gutem Weg. Besonders dessen "ungewohnter Lebensstil" hat den Wiener Erzbischof "sehr positiv" und "sehr hoffnungsvoll" gestimmt. Schönborn goutiert vor allem, dass der neue Pontifex das Thema Armut als Schwerpunkt ausgegeben hat. Dass dieses Thema auch in Österreich sehr präsent sei, zeige die Caritas, die "vielleicht zu den stärksten Wachstumsbereichen in der katholischen Kirche gehört".

Zu den kolportierten Aussagen des neuen Heiligen Vaters über eine angebliche "Schwulen-Lobby" kann Schönborn nichts sagen. "Es ist nicht sehr korrekt, dass aus einem persönlichen und offensichtlich vertraulich gedachten Gespräch Dinge an die Öffentlichkeit gebracht werden." Dass es aber Bedarf nach einer strukturellen Kurienreform gebe, sei bereits in den Vorbereitungsbegegnungen vor dem Konklave - insbesondere von Kurienkardinälen - angesprochen worden. Die letzten diesbezüglichen Änderungen gingen auf Papst Paul VI. zurück - "inzwischen sind über 40 Jahre vergangen".

Reformbedarf sieht Schönborn allerdings überall, betont er. "Als Verantwortlicher einer nicht ganz kleinen Diözesankurie bin ich sehr vorsichtig mit Kritik an der römischen Kurie. Wir haben auch bei uns Reformbedarf und der beginnt erst einmal beim Bischof selbst."

"Das Thema Karrierismus und Seilschaften wird natürlich immer angesprochen", so Schönborn. "Da bin ich als Außenstehender nicht mehr informiert als, ich vermute, viele andere." Es sei zudem "müßig, hier Spekulationen anzustellen, die einen Generalverdacht verbreiten." Denn: "In der römischen Kurie sind genauso Menschen, wie in jeder menschlichen Institution. Dass sie natürlich ein hohes christliches Lebensideal haben, macht die Kontraste, wenn dieses Ideal nicht eingehalten wird, besonders schmerzlich." Allerdings sei dies nicht schmerzlicher, als etwa Korruptionsfälle "in unserem Land, in unseren Institutionen".

Verhältnis zu Kirchenkritikern

Das Verhältnis zu kritischen Organisationen, wie etwa der Laieninitiative und der Pfarrerinitiative, sieht Schönborn mittlerweile entspannter als noch vor Monaten. Es gebe "immer wieder Gespräche", erst vor kurzem habe in Mariazell die Pastoralkommission getagt, "und das Gespräch soll sehr gut gewesen sein, höre ich". Dennoch empfiehlt der Kardinal manchen Vertretern, sich an den neuen Heiligen Vater zu halten. "Ich denke, dieser erfrischende Geist, das Humorvolle und zugleich Herausfordernde von Papst Franziskus, tut uns allen gut. Er versteht es in unglaublicher Weise, die Radikalität des Christlichen mit der Fröhlichkeit des Christlichen zu verbinden. Denn: "Manchmal habe ich den Eindruck, wir sind so griesgrämig, so grimmig und so freudlos."

Erfreut ist Schönborn über die Akzeptanz, welche dem neuen Bischof von Feldkirch, Benno Elbs, entgegengebracht werde. "Es ist etwas Schönes, wenn ein Bischof unter diesen Vorzeichen seinen Dienst beginnen kann." Zu den noch ausstehenden Besetzungen weiß auch der Kardinal laut eigener Aussage nichts. "Ich vermute, dass Salzburg etwas schwieriger wird als Graz", spricht er den in der Erzdiözese speziellen Bestellmodus an. Da wie dort würden allerdings noch zwei "sehr tüchtige und engagierte" Bischöfe arbeiten, die "durchaus noch amtsfähig" seien. Vielleicht wünschen sie sich schon einen Nachfolger, aber sie sind gut im Amt, weswegen es eine nicht so große Dringlichkeit der Nachbesetzung gebe, wie es in Feldkirch der Fall gewesen sei.

"Verbesserungspotenzial" im Asylwesen

"Verbesserungspotenzial" ortet Schönborn im österreichischen Asylwesen. Er gibt zu bedenken, ob man - im Hinblick auf die einstige Besetzung der Votivkirche - Flüchtlinge etwa nach Pakistan abschiebt. "Es geht darum hinzuschauen, wie es Menschen geht, die ihre Heimat ja nicht aus Jux und Tollerei verlassen haben, sondern weil sie um Leib und Leben Angst haben mussten", meinte Schönborn. "Oder - was ja auch keine Schande ist - weil sie halbwegs anständige Lebensbedingungen suchen." Man rede dann leicht von Wirtschaftsflüchtlingen, so der Kardinal - "aber das ist das, was unsere Vorfahren gemacht haben, wenn sie nach Amerika ausgewandert sind. Weil sie bessere Lebensbedingungen gesucht haben in Zeiten, in denen es in unserem Land vielen Menschen sehr, sehr schlecht gegangen ist." Dass es natürlich Regeln für die Immigration geben muss, sei allen klar, betont der Wiener Erzbischof.

Dennoch spricht Schönborn von einem "ausgezeichneten Kontakt" zu den politischen Verantwortungsträgern, was das Asylwesen betrifft. Und auch gegenüber den Flüchtlingen habe man immer wieder betont, "dass wir an die österreichischen Gesetze gebunden sind und uns auch an die halten". Dies habe auch Bundespräsident Heinz Fischer in seinem "beachtlichen Brief" an die Flüchtlinge in Erinnerung gerufen.

Beim Thema Missbrauch schließt Schönborn sich der Forderung von Waltraud Klasnic nach einem staatlichen Präventionsbeirat an. Diesen Wunsch habe Schönborn bereits vor der Bestellung der unabhängigen Opferschutzanwaltschaft gegenüber der Bundesregierung geäußert, diese habe aber "dankend abgelehnt".

(APA)

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