Der Generaldirektor und sein Vize nahmen "im Interesse des Vatikans" den Hut. Erst vor drei Tagen war ein Prälat im Zuge von Geldwäsche-Ermittlungen verhaftet worden.
[Rom/P. K./ d. s./Ag] Knalleffekt Montagabend im Vatikan: Die skandal-geschüttelte Vatikanbank, das „Institut für die Religiösen Werke" IOR, verlor gleichzeitig seinen Direktor und Vizedirektor: Paolo Cipriani und Massimo Tulli traten von ihren Posten zurück. Ernst von Freyberg, der Präsident der Bank, wird nun interimistisch auch deren Geschäfte führen. Cipriani und Tulli hätten entschieden, dass ihr Rücktritt das Beste für die Interessen der Bank und des Vatikans sei, heißt es in einer Mitteilung.
Die Rücktritte kommen nur drei Tage, nachdem in Rom der aus Salerno stammende Prälat Nunzio Scarano, ein Ex-Agent des italienischen Inlandgeheimdienstes, sowie ein Broker verhaftet worden waren. Der 61-jährige Scarano soll dem Ex-Agenten 400.000 Euro bezahlt haben, damit dieser illegal mit einem Privatjet 20 Mio. Euro von der Schweiz nach Italien brachte.
Auf den dubiosen Geldtransfer sind die Fahnder laut Medienberichten im Rahmen de Geldwäsche-Ermittlungen gestoßen, die seit September 2010 gegen das IOR und dessen früheren Chef Ettore Gotti Tedeschi laufen. Inwiefern die beiden Ermittlungsverfahren zusammenhängen und ob der bischöfliche Geldtransfer am Ende auch über Konten der „Bank Gottes" gelaufen ist, gaben die Ermittler nicht bekannt.
Man nannte ihn nur „Don 500"
Scarano war bis vor kurzem Chefbuchhalter der vatikanischen Vermögensverwaltung gewesen. Seinen Posten ist er losgeworden, nachdem die Staatsanwälte von Salerno im Zusammenhang mit dem Konkurs eines Pasta-Fabrikanten Geldwäsche-Ermittlungen gegen Scarano aufgenommen hatten. In der Kurie war er nur „Don 500" genannt worden - weil er meist nur 500-Euro-Noten im Portemonnaie gehabt haben soll.
Wenige Tage vor den Verhaftungen hatte Papst Franziskus eine Untersuchungskommission für das IOR eingesetzt, in einem ebenso überraschenden wie ungewöhnlichen Entschluss. Er verlangt Aufklärung über „die rechtliche Situation und die Tätigkeiten des IOR", damit dieses „in besseren Einklang mit der universalen Sendung der Kirche" gebracht werden könne. Das seit Jahrzehnten umstrittene und immer wieder mit Mafia-Geldern in Zusammenhang gebrachte Finanzinstitut ist nie aus den Negativ-Schlagzeilen geraten.
Schon Papst Benedikt XVI. hatte eine Kampagne für mehr Transparenz eingeleitet und den Präsidentenposten beim IOR neu besetzt, allerdings noch nach seiner Rücktrittsankündigung. Hätte man nach neun Monaten Vakanz nicht auch noch die paar Wochen bis zum Amtsantritt des neuen Papstes warten können? Das fragte sich da in Rom so mancher. Franziskus, der eine „arme Kirche" will und eine eigene Vatikanbank „nur bis zu einem gewissen Punkt" für notwendig hält, traute dem Frieden nicht, den ihm die Administration Benedikts XVI. hinterlassen hatte.
Zumal Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone die Mitglieder des Kardinal-Aufsichtsrates pauschal für fünf Jahre im Amt bestätigt hatte. Die zum Konklave angereisten Kardinäle der Weltkirche, die sich - nach all den Skandalen, den Gerüchten und der Beschlagnahmung von 23 Millionen Euro durch die italienische Nationalbank - in Rom fundierte Aufklärung erhofft hatten, wurden mit einem summarischen „Wir haben alles im Griff" abgespeist. Sie bekamen nicht einmal Gelegenheit zum Nachfragen.
Papst will endlich ausmisten
Beobachter sind überzeugt, dass Franziskus den Augiasstall IOR nun ein- für allemal ausmisten will. Für Massimo Franco, den Vatikanexperten der Zeitung „Corriere della Sera", bedeutet dies das definitive Ende der dunklen Geheimnisse: Papst Franziskus sei entschlossen, die Büchse IOR zu öffnen und zu schauen, was alles drin ist. Für ihn beginne die Revolution in der Kurie damit, das brisanteste und peinlichste Problem zu lösen: jenes der Vatikanbank.
Den von Benedikt eingesetzten IOR-Präsidenten, den Deutschen Ernst von Freyberg, hat Franziskus übrigens noch nicht einmal formell empfangen. Dabei wohnt Freyberg, wenn er in Rom ist, im selben Vatikan-Hotel wie der Papst. Und dieser spricht dort doch mit so vielen Leuten. . .
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2013)