"Zukunftsforum": Die Wiener Franziskus-Reformer

Zukunftsforum Wiener FranziskusReformer
Zukunftsforum Wiener FranziskusReformer(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Am Samstag erfolgte durch Kardinal Schönborn bei einer Art Mini-Katholikentag der Kick-off für das Zukunftsforum. Die Kirche will sich wieder zurückmelden.

Man kann nicht sagen, dass Franziskus mit seinen römischen Tabubrüchen Christoph Schönborn unvorbereitet trifft. Immerhin gehörte der Kardinal von Wien dem exklusiven Kreis jener Männer an, die der vatikanischen Kurie diesen Papst „eingebrockt“ haben. Reformen hat auch der Erzbischof begonnen. Nur zaghafter und unentschlossener.

Man kann aber andererseits auch nicht sagen, dass die römischen Tabubrüche Christoph Schönborn vorbereitet treffen. Seine Diözesanversammlungen, die nächste Runde vom 17. bis 19. Oktober im Stephansdom, schleppen sich bereits in den fünften Herbst. Nicht wenige haben auf dem Weg die Orientierung verloren, worum konkret es bei diesen Zusammenkünften eigentlich geht – außer um ein Sich-schön-Reden von Sparmaßnahmen und des Zusammenlegens von Pfarren zu größeren Einheiten. Sieht so die Nähe zu den Menschen aus, wie sie Franziskus von seiner Kirche verlangt?

Nein, sagt Helmut Schüller, Sprecher der Pfarrer-Initiative. Trotzdem macht er „selbstverständlich“ mit, wenn er zu Gesprächen eingeladen ist. Auch beim jüngsten Projekt Schönborns, dem Zukunftsforum, dessen Kick-off-Veranstaltung er am Samstag aber fernbleiben musste. Seine jährliche Pfarrfahrt, diesmal ins Waldviertel, ging vor. Dafür kamen einige Vertreter der Laieninitiative – und machten durch Transparente mit der Aufschrift „Frauenweihe jetzt“ und „Priester ohne Eheverbot“ auf sich aufmerksam.

Der Heldenplatz mit seinen Großveranstaltungen bei Papstbesuchen in den 1980er- und 90er-Jahren war jedenfalls gestern. Der Yppenplatz ist es, der am Samstag für ein zweistündiges Treffen zum Auftakt des Zukunftsforums gewählt wurde, mit dem die Kirche gesellschaftliches Terrain wieder zurückgewinnen will. Yppenplatz/Brunnenmarkt also. Ausgerechnet.


„Kein kircheninterner Prozess.“ Wenn die Kirche diese nicht typisch katholisch geprägte Gegend entdeckt, kann er nicht mehr wirklich angesagt sein. „Angesagt“ zu sein, darum ist es dem Christentum selbst ja nie gegangen. Aber natürlich ist die Wahl des Ortes eine Ansage, wie Hauptorganisatorin Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich, vor einigen hundert Teilnehmern betonte: „Das ist kein kircheninterner Prozess, es geht uns um eine Öffnung, es geht uns um die Menschen draußen.“ Denn in einer „Welt der globalisierten Gleichgültigkeit“ gelte es, die „Kultur des offenen Blicks und des wachen Zuhörens“ zu stärken. Sie träume von einer Kirche, die „nicht ängstlich um sich selbst kreist, sondern ihre Tore weit öffnet“.

Kardinal Schönborn ist an diesem stürmisch-herbstlichen Samstag auch auf den Yppenplatz gekommen, um die Frage „Wo drückt der Schuh?“ zu stellen. Eine Frage, die bis Ende des Jahres gestellt bleibt. Online sollen unter www.wodruecktderschuh.at auch Angehörige anderer Religionsgemeinschaften, selbst Atheisten ihre Anliegen zu 15 Fragen formulieren – nicht an die Kirche, sondern in erster Linie an Gesellschaft und Politik.

„Ich trage heute zwei verschiedene Schuhe“, verrät Schönborn. „Aber um das zu erkennen, muss man genau hinschauen. Darum geht es: rauszugehen und genau hinzuschauen. Kirchliche Nabelschau zu betreiben, interessiert niemanden.“ Damit die Zukunftsreform gelingen kann, brauche es im Wesentlichen drei Voraussetzungen, sagt Schönborn: Gerechtigkeit, Wahrheit und Freiheit. „Und diese drei Punkte erfordern Nachdenklichkeit. Ohne nachzudenken, nur mit Slogans, Wahlreden und leeren Versprechen wird es nicht gehen.“

Die Umfrage soll bis Frühjahr 2014 durch Paul M. Zulehner ausgewertet und ein „Diagnosebefund“ erstellt sein. Dann sollen Experten über die Themen Beziehung, Bildung/Arbeit, Zusammenleben, Ökologie/Frieden beraten und Therapievorschläge machen. Details, wie es exakt weitergeht, sind offen. Womit der Bogen zu Rom geschlagen wäre. Auch da sind bisher erst Umrisse von Reformen deutlich. Sicher ist nur: Sie werden kommen.

Dialog

Zukunftsforum. Unter dem Titel „Wo drückt der Schuh?“ wurden Samstag auf dem Yppenplatz in Anwesenheit von Kardinal Christoph Schönborn Themen wie das Zusammenleben in Kirche und Gesellschaft diskutiert. Auch Kirchenkritiker wie Laieninitiative und Wir sind Kirche nahmen teil.

Unterstützung. Ihre Mitarbeit am Zukunftsforum zugesagt haben unter anderem Caritas-Präsident Franz Küberl, Ordensvertreter, Wissenschaftler sowie die evangelische Diakonie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2013)

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