Exklusivrecht auf das Wort „Allah“

Exklusivrecht Wort Allah
Exklusivrecht Wort Allah(c) REUTERS (SAMSUL SAID)
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Ein Gericht in Malaysia verbietet Nichtmuslimen die Benutzung dieses Namens für ihren Gott. Dabei wurde zu El bereits 2000 Jahre gebetet, ehe er zu Mohammed sprach.

Wenn auf Malta von Gott die Rede ist, sagen Einheimische Alla. Sind die Menschen dort, an einer der wichtigsten Anlaufstellen für Flüchtlinge im Mittelmeer, inzwischen Muslime? Nein, in Malta gibt es 98 Prozent Katholiken seit dort mit dem Schiffbruch des Apostels Paulus im Jahr 60 nach Christus die Mission begann.

Ihre Sprache aber ist eine semitische, mit allerlei fremden Einsprengseln. Die Phönizier waren dort, so wie die Griechen, Römer, Engländer und viele andere, unter ihnen wohl auch Seefahrer aus islamischen Reichen. Gemeint ist auf Malta mit Alla das höchste Wesen. Das arabische al 'ilāh bedeutet der Gott und entspricht dem hebräischen Wort 'elôah. Diesen im Alten Testament geprägten Begriff gab es im Nahen Osten schon an die zweitausend Jahre, bevor die Araber den Monotheismus entdeckten. Gebräuchlich ist die Pluralform 'elohîm – ein Starker, Mächtiger ist dieser Gott.

Vater der Menschheit aus Ugarit


Die Einzahl El bezeichnet in vielen semitischen Sprachen das göttliche Wesen oder die göttliche Natur. Bereits die Ugariter, Kanaaniter und Phönizier verehrten in El einen der höchsten Götter. Keilschriften künden von ihm, dem Erbauer des Erbauten, Vater der Menschheit, Schöpfer der Schöpfung.

Bisher durften Juden und Christen auf Arabisch überall gleichberechtigt von Allah als ihrem höchsten Gott sprechen, ihn in heiligen Büchern so bezeichnen. Die 3500 Jahre alte Herkunft des Wortes legt das nahe. Damit wäre jetzt aber Schluss, wenn ein Gericht in Malaysia recht behielte. Nach diesem Präzedenzfall hätten Mohammeds Anhänger bald exklusiven Anspruch auf den Namen.
„The Herald“, eine katholische Zeitschrift in Kuala Lumpur, hatte in ihrer malaysischen Ausgabe bisher Allah für Gott geschrieben, wie das seit Jahrhunderten üblich war, wie es schon in den ersten Bibeln des Landes vor 400 Jahren stand. Gegen diesen Gebrauch hatten aber Muslime geklagt. Die Zeitung behielt zwar in erster Instanz recht, aber in der Berufung kamen die drei Richter zu dem Urteil, dass der Zeitung das Wort Allah für ihren Gott untersagt sei, weil die Muslime sonst „verwirrt“ werden könnten.

Der Islam als offizielle Religion


„The Herald“ will nun das Höchstgericht anrufen. Die Kirchen des Landes sind entsetzt über die moslemische Unbedingtheit, sogar die Regierung relativiert das bizarre Urteil.

In Malaysia ist der Islam die offizielle Religion, mehr als 60 Prozent der Bevölkerung müssen an Allah glauben, der laut Überlieferung in der arabischen Wüste zu Mohammed gesprochen hat. Ethnische Malaysier haben keine Alternative – als Muslime dürfen sie ihrem Glauben nicht abschwören. Nur andere Völker, vor allem aus Indien und China, haben die freie Wahl der Religion. Allerdings werden sie nicht immer geduldet. Seit der Prozess begann, gab es in Malaysia vermehrt Brandanschläge auf Gotteshäuser.
Einzelfälle? Weit weg in Asien? Die Diskriminierung von Christen nimmt besonders in islamischen Ländern rasant zu, wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte in Frankfurt a. M. dokumentiert. Bis zu 100 Millionen Menschen sollen betroffen sein – zynischerweise oft im Namen Allahs.

In der weisen jüdischen Religion, aus der Christentum und Islam hervorgingen, lässt man sich auf eine Fixierung des Wortes für Gott gar nicht erst ein. Die Gläubigen scheuen sich davor, den Namen des Höchsten auszusprechen, er offenbart sich diskret als „Ich bin, der ich bin“. Das ist exklusiv genug. JHWH ist Schöpfer, Bewahrer, Richter und Erlöser der ganzen Welt, ein gnädiger Befreier, den niemand einschränken kann –  schon gar nicht ein verwirrtes Gericht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2013)

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