So viel Franziskus steckt in Schönborn & Co.

AD-LIMINA-BESUCH DER OESTERREICHISCHEN BISCHOeFE - MESSE IN DER BASILIKA SAN PAOLO FUORI LE MURA
AD-LIMINA-BESUCH DER OESTERREICHISCHEN BISCHOeFE - MESSE IN DER BASILIKA SAN PAOLO FUORI LE MURAAPA/GEORG HOCHMUTH
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Die Vatikan-Visite war für die österreichischen Bischöfe ein besonderer Höhepunkt. Für Kardinal Schönborn war es, wie er selbst gesteht, der schönste Ad-limina-Besuch seiner langen Kirchenkarriere.

An einem Tag wie jedem anderen: Die Aufzugstür öffnet sich, ein mittelgroßer Mann lächelt Wartenden kurz zu. Wenn er den gut besuchten, nicht gerade leisen Speisesaal betritt, wird bestenfalls kurz Notiz von ihm genommen, sonst wird gegessen und getratscht, als wäre nichts geschehen. Geschehen? Es ist auch nichts geschehen.

Wären da nicht die auffällig unauffälligen Anzugträger mit dem diskreten Anstecker, der sie als Schweizer Gardisten ausweist. Und wäre da nicht die Adjustierung des älteren Herren. Ganz in Weiß – das ist eben nur dem santo padre oder papa, dem Papst, Franziskus eben vorbehalten.

Wenn Kardinal Christoph Schönborn heute in den Morgenstunden als Letzter der Bischofskonferenz mit der Bahn in Wien ankommt, wird er sich an Szenen wie diese erinnern. Es war, wie er beim Empfang in der österreichischen Vatikan-Botschaft gestand, sein schönster Ad-limina-Besuch. Schön, aber wie viel von Franziskus steckt in Österreichs Bischöfen?

Eins bis fünf

Legende. Wie viel Franziskus steckt in Österreichs Bischöfen? Eine „Presse am Sonntag“-Bewertung von einem Pileolus (wenig) bis fünf (sehr viel).


Fünf von Fünf.
Kardinal Christoph Schönborn ist als einziger Österreicher, der beim Konklave den Papst wählen durfte, mit Franziskus natürlich besonders verbunden. Kaum war der weiße Rauch über der Sixtina verzogen, hat sich der Wiener Erzbischof öffentlich voll hinter ihn gestellt. So unterschiedlich die beiden in Auftreten und Stil sind, so sehr Schönborn als Schüler bis heute Benedikt XVI. nahe ist, so verbindet ihn doch mit dem neuen Papst die Affinität zu den Armen: Schönborn hat den Papst schon in dessen früheren Leben 1998 als Weihbischof Jorge Mario Bergoglio kennengelernt. Der damals neue Wiener Erzbischof besuchte die Gemeinschaft vom Lamm – ein weiblicher Zweig der Dominikaner –, die sich dem Dienst an den Armen verpflichtet sieht – und auch von franziskanischer Spiritualität geprägt ist. Apropos franziskanisch: Schönborn ist als Dominikaner Mitglied eines Bettelordens. Sehr jung ist eine weitere Verbindung zu Franziskus: Der Papst hat den Kardinal aus Wien in das Aufsichtsgremium der Vatikanbank gerufen. Eine Entscheidung, die bei nicht wenigen für Verwunderung gesorgt hat. Sollte Schönborn eine Vorliebe für Bilanzen und Bankwesen haben, hat er sie bisher gut verborgen. Wie auch immer: Franziskus hat offenbar großes Vertrauen in den Wiener Erzbischof.

Vier von Fünf.
Der zweite Purpurträger Österreichs (aus historischen Gründen genießt der Salzburger Metropolit dieses Privileg), der neue Erzbischof Franz Lackner, muss schon als Franziskaner eine besondere Verbindung zu jenem Mann verspüren, der als erster Papst der Geschichte den Namen Franziskus für sich gewählt hat. Zuletzt hat Lackner gerade auch bei der Vatikan-Visite auf die Nöte von Geschiedenen hingewiesen, die wegen einer neuen Ehe streng nach dem Buchstaben des Kirchengesetzes keine Sakramente empfangen dürf(t)en. Er wollte „Anwalt“ der Anliegen seiner Diözese sein. Nahe bei den Menschen also, wie Franziskus predigt.

Vier von Fünf.  Egon Kapellari ist der einzige Bischof, der nicht mit in Rom war, sondern zu Hause in Graz blieb. Bleiben musste. Alle, die den Grazer Bischof kennen, wissen, wie sehr es ihn geschmerzt haben muss, sich am Ende seiner Amtszeit beim Ad-limina-Besuch entschuldigen zu müssen. Die Nachbehandlung einer Meniskusoperation machte die Reise nicht möglich. Formulierungen wie „Diese Wirtschaft tötet“ von Franziskus in seinem ersten umfassenden Lehrschreiben (Evangelii Gaudium) würden ihm nie und nimmer über die Lippen kommen. Allerdings hat er in seiner Diözese den für theologisch wenig Versierte schwer verständlichen vatikanischen Fragebogen zu Ehe und Familie für die Basis übersetzt. Mit dem Ergebnis, dass sich in der Steiermark im Österreich-Vergleich mit Abstand die meisten Katholiken daran beteiligt haben.

Zwei von Fünf. Der Linzer Bischof Ludwig Schwarz konnte von Franziskus offenbar gar nicht genug bekommen. Er blieb auch am Samstag in Rom, wo er wieder seinen irdischen „Chef“ sah – bei einer Feier für das Neokatechumenat, eine (kirchenintern nicht unumstrittene) Erneuerungsbewegung. In seiner immer wieder von Konflikten geschüttelten Linzer Diözese versucht Schwarz eine Gratwanderung zwischen Erneuerungshungrigen und auf Bewahrung Bedachten. Was nicht immer gelingt.

Eins von Fünf. Klaus Küng hat in Rom eingestehen müssen, dass bei Ehe und Familie „die Verkündigung nicht sehr gut gegangen ist“. Die Worte wiegen umso schwerer, als Küng in der Bischofskonferenz für eben diesen Bereich zuständig ist. Zum Vatikan-Fragebogen, der auf Wunsch des Papstes verschickt wurde, ging er vorsichtig auf Distanz: Die Art, kirchenintern Meinungen zu erheben, habe Vor- und Nachteile. Manchmal werde „eine bestimmte Richtung“ forciert, Fragebögen seien „zum Teil verändert“ worden, wie er in Anspielung auf Graz sagte. Und überhaupt: Es sei abzuwarten, ob bei der Bischofssynode im Umgang mit Geschiedenen neue Wege entdeckt werden.

Vier von Fünf.  Die katholische Kirche solle den Gläubigen „das Leben nicht schwer machen“: Mit diesen Worten aus der Predigt bei der Messe im römischen Priesterhaus Anima liegt der Kärntner Bischof Alois Schwarz ganz auf Linie des Papstes. Schwarz gilt als öffentlich scheu, aber offen für Reformen. Als Wiener Weihbischof war er beim Delegiertentag des Dialogs für Österreich im Jahre 1998 federführend. Dieser endete zum Entsetzen Roms und vieler Bischöfe mit satten Drei-Viertel-Mehrheiten bei den Voten für Kommunion an Geschiedene, Priesterweihe auch für Verheiratete oder die Weihe von Diakoninnen.

Vier von Fünf.  Ähnlich wie der Klagenfurter tickt auch der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer. Nach außen zurückhaltend, intern aber bereit zum Dialog und zu Reformen. In einem „Presse“-Interview meinte er schon vor der Wahl von Franziskus, wesentlich sei für ihn, die Menschen zu mögen, Entwicklungen als Chance und die Postmoderne „differenziert positiv“ zu sehen.

Vier von Fünf.  Der Vorarlberger Benno Elbs ist der erste Bischof in Österreich, auf dessen Ernennungsurkunde der Schriftzug Franziskus' zu finden ist. Die Kür wurde freilich schon unter Benedikt XVI. eingeleitet. Die Kirche solle „die Moralbrille ablegen“ meinet er vor dem Ad-limina-Besuch.

Drei von Fünf.  Ägidius Zsifkovics hat in Eisenstadt auch durch Personalwechsel zunächst eine harte Kurskorrektur zu seinem „liberalen“ Vorgänger Paul Iby vorgenommen. Zuletzt hat der Ex-Sekretär der Bischofskonferenz für Überraschung mit der Aussage gesorgt, über den Zölibat könne diskutiert werden.

Zwei von Fünf. Militärbischof Christian Werner entzieht sich weitgehend der Beurteilung. Einerseits, weil er den Rücktritt eingereicht hat (gilt aber auch für Kapellari), andererseits, weil der frühere Vertraute des verstorbenen Bischofs Kurt Krenn öffentlich so gut wie nie in Erscheinung tritt. Nicht ohne Grund gibt es Überlegungen, für die Militärdiözese, keinen eigenen Bischof mehr vorzusehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2014)

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