Vandalismus-Serie in Wiener Kirchen

ZWISCHENFALL IM STEPHANSDOM: MANN WARF HEILIGENSTATUE VOM SOCKEL
ZWISCHENFALL IM STEPHANSDOM: MANN WARF HEILIGENSTATUE VOM SOCKELAPA/LPD WIEN
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In vier Gotteshäusern wurden Statuen zerstört. Auch der Stephansdom war Tatort. Ein 37-jähriger Verdächtiger ist wieder auf freiem Fuß.

In der Bundeshauptstadt ist es am Samstagnachmittag in vier Kirchen - darunter im Stephansdom - zu Vandalenakten gekommen. Wie die Erzdiözese Wien am Sonntag erklärte, sind Beschädigungen in Gotteshäusern in diesem Ausmaß bisher nicht vorgekommen. Der angerichtete Gesamtschaden konnte vorerst nicht einmal ansatzweise beziffert werden.

Ob der Täter jeweils der 37-jährige Mann war, der im Stephansdom festgenommen wurde, nachdem er dort am Samstag um 17.15 Uhr eine Statue des Heiligen Judas Thaddäus von einem Marmorsockel gestoßen hatte, ist unklar. Ibrahim A. wurde nach seiner polizeilichen Einvernahme - zu diesem Zeitpunkt war der Polizei lediglich der Zwischenfall im Stephansdom bekannt - auf freien Fuß gesetzt, weil nach Ansicht der Strafverfolgungsbehörden keine Haftgründe gegeben waren, welche die weitere Anhaltung des Mannes gerechtfertigt hätten.

Wie Roman Hahslinger, der Sprecher der Wiener Landespolizeidirektion meinte, liege zwar die Vermutung nahe, dass es sich beim 37-Jährigen um einen Serientäter handelt. "Der Verdacht könnte bestehen", so Hahslinger. Bewiesen sei aber nichts. Ibrahim A. müsse in der kommenden Woche vorgeladen und zu den festgestellten Beschädigungen in der Lazaristenkirche in Wien-Neubau, in der Pfarrkirche Breitenfeld in Wien-Josefstadt und in der Pfarrkirche Neuottakring in Wien-Ottakring befragt werden.

"So massiv hatten wir das noch nie"

In Breitenfeld wurden vier Statuen umgestürzt und der Deckel des Taufbrunnens zertrümmert. In der Lazaristenkirche kamen sämtliche Statuen im Kirchenraum zu Schaden, wobei etliche völlig zerstört wurden. Auch der hölzerne Korpus eines Kruzifixes wurde heruntergerissen, dem Korpus im Anschluss die Arme abgeschlagen. Einer schweren steinernen Statue des Heiligen Vinzenz wurden die Finger abgeschlagen. "So massiv hatten wir das noch nie", meinte der Pressesprecher der Erzdiözese, Michael Prüller, am Sonntagnachmittag. Einige Gipsstatuen seien zu Boden geschmissen und dabei unwiederbringlich zerstört worden: "Die kann man überhaupt nicht mehr herstellen", sagte Prüller.

Der Zwischenfall im Stephansdom hatte sich vor den Augen zahlreicher Zeugen abgespielt, die Ibrahim A. bis zum Eintreffen der Polizei festhielten, als dieser eilenden Schrittes den Dom verlassen wollte. Nach seiner Festnahme verwies der 37-Jährige, der auf die Beamten einen verwirrten Eindruck machte, auf eine "Eingebung", die ihn dazu bewogen habe, "gegen "die Statuen-Verehrung vorzugehen", erklärte Polizeisprecher Hahslinger. Der Mann habe die Gläubigen außerdem als "Marionetten" bezeichnet.

Relativ häufiges Delikt

Sachbeschädigungen in und an Kirchen sind ein relativ häufiges Delikt in Österreich, wenngleich die Gotteshäuser noch wesentlich öfter von Dieben besucht werden, die Opferstöcke ausräumen oder Statuen, Kelche und andere Gegenstände mitgehen lassen. Auffallend oft wurden bei Sachbeschädigungen Jugendliche als Verdächtige ausgeforscht.
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Dompfarrer Toni Faber meinte, der 37-Jährige sei Zeugen "psychotisch verengt" und von einer "inneren Bewegung ergriffen" erschienen. "Er hat den Heiligen runtergerissen und die Säule zerbrochen. Er hat auch noch versucht, das Herz-Jesu-Bild zu ergreifen", schilderte Faber. Mitarbeiter hätten das zum Glück verhindert. Einer von ihnen sei dabei leicht verletzt worden. Es habe sich "um einen Wahnsinnigen gehandelt, der sich vor dem Vorfall über seinen iPod mit religiöser Musik in Stimmung gebracht hat", so Faber.

Dem Dompfarrer zufolge kommt es "leider immer wieder" zu Zwischenfällen im Stephansdom. Schwere Sachbeschädigungen seien zum Glück eher selten. Der beschädigte Heilige Judas Thaddäus - er gilt laut Faber als Schutzpatron für aussichtslose Fälle - soll renoviert und nach seiner Restaurierung wieder am vorgesehenen Ort neben dem Herz-Jesu-Altar aufgestellt werden. Besonders kostbar dürfte der Heilige nicht sein, wie Faber abschließend bemerkte: "Es ist keine ungeheuer wertvolle Statue."

Anmerkung der Redaktion

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(APA)

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